Nicht mal bis drei zählen

Immofunding mit 6-seitigem VIB

Nicht immer schafft es der Gesetzgeber, seine Vorgaben wirklich eindeutig zu formulieren. Der erste Satz von Paragraph 13 Absatz 2 des Vermögensanlagengesetzes ist allerdings absolut klar zu verstehen: „Das Vermögensanlagen-Informationsblatt darf nicht mehr als drei DIN-A4-Seiten umfassen.“ Die Crowd-Plattform Immofunding will aber eine halbe Million Euro für die Errichtung einer Wohnimmobilie mit einem 6-seitigen VIB einsammeln. Das Informationschaos lässt massive Zweifel aufkommen.

VIB-Umfang.

„Seite 6 von 6” steht ganz am Ende des VIB, das von der A.N.K. Beteiligungen Holding GmbH aus Wien zu verantworten ist. Die Crowd-Plattform Immofunding, hinter der die ebenfalls in Wien ansässige CIM Company for Investment GmbH steht, prangt groß mit Logo über allem darüber. Das angeblich „gemäß § 13 Vermögensanlagengesetz“ erstellte VIB umfasst allerdings sechs statt der maximal zugelassenen drei DIN-A4-Seiten. Wenn allerdings schon solch triviale Vorgaben nicht erfüllt sind, dann sollte einem Anleger angst und bange werden. Stefan Peirleitner von Immofunding hat Fragen dazu nicht beantwortet, obwohl er eigentlich „eine umfassende Stellungnahme“ zugesagt hat. Spannend wäre auch die Antwort auf die Frage, ob Immofunding das VIB bei der Aufsichtsbehörde BaFin hinterlegt hat. Das ist gemäß Paragraph 14 Absatz 1 Vermögensanlagengesetz vorgeschrieben. Schließlich ist es schwer denkbar, dass die BaFin den Eingang für ein 6-seitiges VIB ohne weiteres bestätigt hat.

Mehr als eine Unart, wichtige Informationen erst nach Registrierung zur Verfügung zu stellen.
Quelle: Homepage immofunding.com; Verschlossene Informationspolitik

VIB-Veröffentlichung. Eine andere Unart der Crowd-Branche, das VIB nur nach Registrierung zur Verfügung zu stellen, betreibt auch Immofunding. Perleitner wollte auf Anfrage nicht erklären, warum er das VIB wie in Paragraph 13 Absatz 5 Vermögensanlagengesetz gefordert, nicht als „stets zugänglich“ anbietet. Und um Missverständnisse bei der Auslegung dieser Vorschrift auszuschließen, wurde die BaFin dazu befragt. Danach hat die Veröffentlichung „barrierefrei zu erfolgen, um zu gewährleisten, dass die Informationen des VIB dem Interessenten vor dessen Anlageentscheidung zur Verfügung stehen.“ Zusätzlich hat die BaFin darauf hingewiesen, dass dies auf der Internetseite des Anbieters zu erfolgen hat, was aber eine zusätzliche Veröffentlichung bei der Dienstleistungsplattform nicht ausschließt. Leider blieb aber eine Google-Suche nach einem VIB auf der Homepage www.ank-beteiligungen.at ohne Erfolg.

VIB-Inhalt. Chaos und Nicht-Information sind Bezeichnungen, die gut zu diesem VIB passen. Zum Beispiel müssen immer die „Anlagestrategie, Anlagepolitik und Anlageobjekte“ beschrieben werden. Doch was sagen solche Worthülsen dazu dann aus: „Das vom Anleger ausgereichte Darlehen ist zweckgebunden und wird ausschließlich zur Durchführung eines Immobilien-Projekts verwendet. Das Projekt besteht in der Errichtung einer Wohnimmobilie.“ Wie groß ist diese Immobilie und wo steht sie eigentlich? Wann wird gebaut und wann soll sie fertig sein? Gibt es Genehmigungen? Sollte das ein Anleger nicht wissen? Den Sinn des VIB und die Vorgabe, dass zum Verständnis keine weiteren Dokumente notwendig sein dürfen, haben die Verfasser offenbar nicht verstanden. Das bestätigt zusätzlich der Hinweis im Informationsblatt, wonach „das VIB und evtl. Nachträge hierzu kostenlos als Download unter www.immofunding.com“ zur Verfügung stünden. Dabei gibt es keine Nachträge für ein VIB …

Warnhinweis. Völlig klar schreibt der Gesetzgeber jedem Vermögensanlagen-Anbieter vor, auf der ersten Seite des VIB folgenden Warnhinweis in “drucktechnisch hervorgehobener” Weise zu veröffentlichen: „Der Erwerb dieser Vermögensanlage ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen.“ Leider ist dieser Warnhinweis aber nicht wie gefordert auf Seite 1 zu finden. Geradezu gedankenfrei ist trotzdem auf Seite 6 dann die Bestätigung des Anlegers gefordert, wonach er „den Warnhinweis auf der ersten Seite“ zur Kenntnis genommen habe.

Loipfinger’s Meinung. Wenn ein Österreicher in Deutschland Geld einsammelt, dann unterliegt er den deutschen Vorschriften dazu. Eigentlich müsste ein Österreicher auch der deutschen Sprache mächtig sein. Angesichts der klaren gesetzlichen Vorgaben und der nicht nachvollziehbaren Auslegung durch den Anbieter und die Crowd-Plattform kommen einem schon massive Zweifel. Hoffentlich sind Bauverträge und andere Arbeiten nicht ähnlich chaotisch wie das VIB, mit dem Anleger für eine Investition begeistert werden sollen.


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