P&R-Insolvenzverwalter unter Druck

Interessenskonflikte und Schweizer P&R werfen Fragen auf

Nächste Woche am 17. und 18. Oktober finden die drei großen Gläubigerversammlungen bei P&R statt. Vier Richter(innen), 24 Rechtspfleger(innen) und 36 Justizwachtmeister(innen) sind allein vom Gericht vor Ort. Über 4.000 Anmeldungen gibt es bisher nur für den ersten Termin am 17. Oktober. Für alle drei Termine werden mehr als 10.000 Investoren erwartet, so dass mit ganz langen Schlangen am Einlass zu rechnen ist. Das Amtsgericht München spricht von einer „der größten Veranstaltungen dieser Art in Deutschland überhaupt“. Es wird heiß hergehen, denn der Insolvenzverwalter Michael Jaffé wird sich kritische Fragen gefallen lassen müssen. Und falls sich sogar ein Vertreter der Schuldner zu einer Stellungnahme traut, dann braucht der vermutlich Polizeischutz.

Gläubigerversammlungen. Formal wird auf den Gläubigerversammlungen jeweils der Insolvenzverwalter und der Gläubigerausschuss gewählt. Für Michael Jaffé ist das ein wichtiger Termin, denn eine theoretische Abwahl wäre nicht nur finanziell eine Ohrfeige. Eigentlich gibt es dafür keine ausreichenden Gründe. Doch offenbar macht er sich selbst Gedanken bezüglich seiner Wahl, sonst würde er nicht mit fragwürdigen Methoden Stimmen sammeln.

Hier versickerte ganz viel Anlegergeld
Hier versickerte ganz viel Anlegergeld
Bild: P&R-Zentrale in Grünwald

Anwaltsliste. Mit der Forderungsanmeldung konnte jeder Anleger auch sein Interesse an einer anwaltlichen Vertretung auf der Gläubigerversammlung Kund tun. Diesen Anlegern wurde nun offenbar ein Brief von P&R geschickt, in dem vier Anwälte vorgeschlagen werden. Angeblich haben sich diese beim Kundenservice von P&R gemeldet und ihr Interesse an einer Sammelvertretung im Berichtstermin angemeldet. So steht es im Anschreiben. Auf Nachfrage erklärte der Pressesprecher allerdings, dass es bis auf einen Anwalt alle Rechtsanwälte wären, die sich bei der Insolvenzverwaltung gemeldet haben. Und noch einmal anders klingt es bei Theo Biller, einem der vier vorgeschlagenen Rechtsanwälte. Er schreibt, er habe sich zur Sammelvertretung „bereit erklärt“. Das klingt eher nach einer gezielten Anfrage bei ihm.

Interessenskonflikte. Unabhängig von diesem formalen Geplänkel hat die Vorschlagsliste eine viel weitergehende Konsequenz. Auf der Liste befindet sich auch Dr. Stephan Greger. Seine Kanzlei wirbt zum Beispiel bei Google um Mandate und er ist außerdem in den Gläubigerausschuss berufen worden. Somit wird er mit den über P&R beziehungsweise den Insolvenzverwalter beschafften Stimmen abstimmen, wer endgültiger Insolvenzverwalter wird und wie sich der Gläubigerausschuss zusammensetzt. Greger schreibt auf der Kanzlei-Homepage, dass durch seine Mandatierung „mit dem Insolvenzverwalter wichtige und komplexe Themen ‚auf Augenhöhe‘ juristisch diskutiert und erörtert werden können“. So sollte es in der Theorie auch sein, denn der Gläubigerausschuss hat eine Kontrollfunktion gegenüber dem Insolvenzverwalter. Spätestens hier wird es unglaubwürdig und Greger im Grunde als Ausschussmitglied untragbar. Wie soll er als Gläubigerausschuss alle Anlegerinteressen vertreten, als Rechtsanwalt eigene Mandate bedienen und als Sammelvertreter auf der Gläubigerversammlung noch eine weitere Gruppe zufriedenstellen, die über den Insolvenzverwalter zu ihm vermittelt wurde?

P&R Equipment. Inhaltlich wichtigstes Thema auf den Berichtsterminen sollten die in der Schweiz liegenden Vermögenswerte sein. Jaffé muss den Anlegern endlich klar erklären, wie er diese sichern will, um wenigstens eine gewisse Insolvenzquote zu ermöglichen. Denn Heinz Roth hat vor seiner Verhaftung offenbar noch einiges unternommen, um die P&R Equipment & Finance Corp. wieder an sich zu reißen. Auf Anfrage spricht der Insolvenzverwalter von vorgenommenen Sicherungsmaßnahmen, die Roth „in Frage gestellt“ hat. Das klingt zu harmlos, wenn gleichzeitig die Prüfung, wie damit umgegangen wird, noch nicht abgeschlossen ist. Und taktische Gründe anzuführen, warum dazu nichts Konkretes gesagt werden kann, beruhigt ebenfalls nicht gerade.

Loipfinger’s Meinung. Eine Gläubigerversammlung erfüllt ein paar formale Abstimmungspflichten. Doch deshalb kommen die 10.000 Anleger nicht. Sie wollen vom Insolvenzverwalter vor allem Informationen über das noch vorhandene Vermögen und wie dieses möglichst schadensbegrenzend verwertet werden kann. Taktische Spielchen lenken hier nur vom Wesentlichen ab und schaffen kein Vertrauen. Warum macht das Micheal Jaffé? Sind die Probleme und Fragen mit der Schweizer P&R Equipment & Finance Corp. so groß oder ist es einfach nur die schiere Größe des Verfahrens mit 87.356 Einzelforderungen? Wer sein Investment ernst nimmt, sollte die Gelegenheit nächste Woche nutzen und den Weg nach München suchen. Auch ohne Anmeldung ist eine Teilnahme möglich. Und die schleppenden Eintragungen in das Gläubigersystem sind ebenfalls kein Kriterium. Selbst wenn eine Forderung noch nicht dort vermerkt ist, kann ein Investor auf den Versammlungen teilnehmen.

Bisherige P&R-Berichterstattung (chronologisch):
Genugtuung und neue Ängste bei P&R (13. September 2018)
Kleine Anfrage, große Blamage (12. September 2018)
Langjährige Insolvenzverschleppung bei P&R? (3. September 2018)
Forderungsanmeldung könnte übervorteilen (16. August 2018)
P&R war ein Schneeballsystem (24. Juli 2018)
Das Bermuda-Dreieck von P&R (10. Juli 2018)
Weiterer Fahrplan im P&R-Insolvenzverfahren (25. Juni 2018)
Blamage für die BaFin (9. Juni 2018)
Auffällig viele Veränderungen in 2017 (4. Juni 2018)
Rund 2,5 Milliarden Euro vernichtet (17. Mai 2018)
Falsche Eigentumszertifikate (12. Mai 2018)
Gebrauchtcontainer als neu verkauft (6. Mai 2018)
Weit über 50.000 falsche Steuererklärungen? (5. Mai 2018)
P&R – Eigentum und Eigentumszertifikate (4. Mai 2018)
Haftet die BaFin im Fall P&R? (3. Mai 2018)
Weitere Insolvenzanträge bei P&R (27. April 2018)
Erste traurige Wahrheiten (18. April 2018)
P&R –Schwindeleien gehen weiter (26. März 2018)
Insolvenzanträge bei P&R (19. März 2018)
Wie groß ist das Feuer unterm Dach? (8. März 2018)
Buch „Achtung, Anlegerfallen!“ ab Seite 221 (erschienen 27. Februar 2018)
Fragwürdige Mietunterdeckungen bei P&R (26. Juni 2017)
Bestätigungsvermerke nur mit Einschränkungen (22. Juli 2016)


Beitrag veröffentlicht

in

von