„Öffentlichkeitsarbeit eingestellt“

Solvium Holding nennt keine Ergebnisse der ConRendit-Investments

Es gibt zwei Hauptrisiken bei strukturierten Investments: Das Markt- und das Managementrisiko. Bei illiquiden Assets steigt die Bedeutung des Managementrisikos massiv an. Deshalb ist gerade hier der Track-Record unverzichtbar. Was hat ein verantwortlicher Manager in der Vergangenheit für Anleger geleistet? Wenn er gut ist, hat er nichts zu verstecken und geht auch mit Problemen offen um. Tut er das nicht, dann sollten Anleger vorsichtig sein. Sie treffen eine mittel- bis langfristige Anlageentscheidung, die enormes Vertrauen erfordert. Olaf Will, Vorstand der Solvium Holding AG sieht das offenbar anders. Er mauert bei Fragen zu den Ergebnissen der ConRendit-Anlagen.

Historie Holding. Die heutige Solvium Holding AG wurde 2008 in Hamburg als ConRendit Holding AG eingetragen. Olaf Will führt selbst seit Jahren die Geschäfte als Vorstand. Als er im September 2017 die Umfirmierung in die Solvium Holding AG beurkundete, beschloss er dies mit seinen Stimmen als 75-prozentiger Gesellschafter. Für die restlichen Anteile stimmte Olesja Will. Die Solvium Holding AG fungiert als Mutter der ConRendit- und der Solvium-Gruppe. Zu ihr gehört beispielsweise die ConRendit Management ebenso wie die Solvium Capital. Weiterhin gehören ihr die Moneywell Vertriebsgesellschaft, die Solvium Equipment Finance und zumindest mehrheitlich verschiedene Gesellschaften der Noble Container Leasing.

Solvium: Alles super, oder was?
Solvium: Alles super, oder was?
Quelle: Screenshot von der Homepage vom 21. Februar 2020

ConRendit 1. Mitte 2002 begann die Serie der ConRendit-Angebote mit der Nummer 1. 8,64 Prozent Verzinsung wurde für die Laufzeit von zwölf Jahren in Aussicht gestellt. Es wurde als der „Vermögensaufbauplan mit Containern“ beworben. Daraus wurde aber nichts, wie der von einem Informanten zur Verfügung gestellte Bericht der Geschäftsführung von November 2017 zeigt. Bis dahin flossen nur Ausschüttungen von 78,4 statt geplanter 146,8 Prozent. In seinem Fazit darin berichtet Olaf Will ernüchternd: „Die zum Ende des Jahres 2016 geplante Beendigung der Fondsgesellschaft konnte mangels Kaufinteressenten für das damals noch im Fondseigentum stehende Containerportfolio nicht umgesetzt werden.“ Die quasi Unverkäuflichkeit eines Containerportfolios mit Beständen an Wechselkoffern, Tankcontainern und einfachen 40 Fuß High-Cube-Containern spricht nicht für den Markt und/oder das Management.

ConRendit 5. Unbefriedigende Ergebnisse scheinen bei ConRendit kein Einzelfall zu sein. Investmentcheck liegt beispielsweise auch der Geschäftsführungsbericht zu ConRendit 5 vom September 2018 vor. Dieses Angebot wurde 2005 mit einem Volumen von zehn Millionen Euro emittiert. Geplant waren Rückflüsse bis Ende 2010 in Höhe von 138,6 Prozent. Tatsächlich geflossen sind bis Mitte 2018 erst 43 Prozent, die durch den Verkauf des Containerrestbestandes auf knapp 49 Prozent steigen sollten. Somit dürften die Anleger die Hälfte ihres Kapitals verloren haben. Olaf Will räumte in seinem Fazit sogar ein, dass selbst eine Prognose vom April 2017 nicht eingehalten werden konnte: „Diese ist nahezu ausschließlich auf die im Zusammenhang mit den Containerverkäufen entstandenen Kosten sowie die geringen und weiterhin rückläufigen Verkaufspreise für die 45 Fuß High-Cube Container zurückzuführen.“ Eine spannende Aussage, da die Kosten beim Verkauf von Containerportfolien grundsätzlich wenig thematisiert werden.

ConRendit 7. Der Investmentcheck vorliegende Bericht der Geschäftsführung zum ConRendit 7 stammt zwar schon von Oktober 2017, er zeigt aber ein ziemliches Desaster. Den Soll-Ausschüttungen von 145,6 Prozent standen zu diesem Zeitpunkt Ist-Auszahlungen in Höhe von sieben Prozent gegenüber. Will kämpfte mit mehreren Insolvenzverwaltern, die von der Fondsgesellschaft erhaltene Gelder zurück verlangten. Auch die Commerzbank machte wegen ausstehender Darlehen offenbar Stress. Im Fazit räumte Will damals den Anlegern ein: „Der Gesamtrückfluss für die Gesellschafter wird sich daher leider auf die bisher geleisteten Auszahlungen in Höhe von 7,00% bezogen auf das Kommanditkapital belaufen.“ Klarer ausgedrückt haben die Anleger fast ihr komplettes Kapital verloren. Das betrifft 2007 gesammelte 18 Millionen Euro von knapp 800 Investoren.

Auskunftsverweigerung. Inwiefern diese drei Beispiele typisch sind oder nicht, lässt sich leider nicht abschließend feststellen. Auf die Bitte hin, für alle ConRendit-Angebote einen Soll-/Ist-Vergleich zu erhalten, teile Olaf Will nur mit, dass er seit 2012 keine Statistiken mehr zu den ConRendit-Gesellschaften führt und veröffentlicht. Auf die ergänzende Nachfrage, ob er nicht einfach die Geschäftsberichte zur Verfügung stellen könnte, antwortete er verschlossen: „Da wir 2012 die Öffentlichkeitsarbeit eingestellt haben, bitten wir um Verständnis, dass die von Ihnen gewünschten Berichte nur und ausschließlich unseren Anlegern zur Verfügung gestellt werden.“

Insolvenzen. Dass der Containermarkt kein risikoarmes Geschäfts ist, zeigt sich für Anleger auch an den zu verkraftenden Insolvenzen. Das betrifft nicht nur die in den Medien breit aufgegriffene Insolvenz der Hanjin Shipping in 2016, die zu den weltweit größten Containerreedereien zählte. Zum Beispiel musste Olaf Will in den letzten Jahren auch mit den Insolvenzen bei der UES Intermodal AG und der WCT World Container Trading GmbH kämpfen. In 2019 kamen nun noch Insolvenzen verschiedener AXIS-Gesellschaften in England hinzu. Auf Nachfrage erklärte die Solvium-Gruppe allerdings, dass sich daraus keine nennenswerten Probleme ergäben. Die Axis Intermodal Deutschland GmbH, mit der eine exklusive, umfangreiche strategische Kooperation für Wechselkoffer vereinbart ist, hat sich 2016 von der englischen Axis-Gruppe getrennt. Bis zum Management-Buy-Out gehörte diese zur britischen Axis Intermodal Ltd.

Solvium. Inwiefern das Einstellen des Vertriebes und der Öffentlichkeitsarbeit bei ConRendit etwas mit der Gründung der Solvium Capital GmbH in 2011 zu tun hat, ist nicht bekannt. Im September 2011 wurde jedenfalls das erste Direktinvestment in Container angeboten. Der Name Solvium soll vom lateinischen „solvere“ abgeleitet worden sein. Das bedeutet so viel wie „einlösen, zahlen, begleichen“. Seit Gründung haben über 7.000 Kunden rund 270 Millionen Euro investiert. Nach eigenen Angaben wurden 100 Prozent aller Zusagen gegenüber den Kunden erfüllt. Der schon für Ende 2019 angekündigte aktuelle Portfoliobericht ist allerdings überfällig.

Fehlbeträge. Ein Blick in die zahlreichen Jahresabschlüsse bei verschiedenen Solvium-Gesellschaften zeigt zum Teil erhebliche nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbeträge. Zum Beispiel bei der Solvium Capital Vermögenanlagen GmbH & Co. KG, bei der per Ende 2018 bei einer Bilanzsumme von 18,2 Millionen Euro insgesamt 7,1 Millionen Euro fehlen. Bei der Solvium Capital Portfolio GmbH & Co. KG waren es Ende 2017 knapp elf Millionen bei 26,6 Millionen Euro Bilanzsumme. Aktuellere Zahlen gibt es noch nicht. Ähnliches gilt für die Solvium Capital Intermodal GmbH & Co. KG mit zwölf Millionen Fehlbetrag bei 42,5 Millionen Euro Bilanzsumme. Bei der Solvium Intermodale Vermögensanlagen GmbH & Co. KG zeigen die 2018er Zahlen 5,9 Millionen Fehlbetrag bei 27,5 Millionen Euro Bilanzsumme.

Nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbeträge bei verschiedenen Solvium-Gesellschaften
Nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbeträge bei verschiedenen Solvium-GesellschaftenGrafik: investmentcheck.de

Erklärversuch. Auf Nachfrage hat Solvium die nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbeträge mit Abschreibungen auf das Anlagevermögen erklärt. Diese würden sich nicht an den viel geringeren tatsächlichen Marktwertminderungen orientieren. Nicht das Alter, sondern der Zustand und die Verkaufsregion würden den Wert bestimmen. Vor allem für ganz alte Container mit beispielsweise 15 Jahren gelte: „Häufig werden diese Container in Nischenmärkten eingesetzt und dann zu immer noch rund 50 % des jeweiligen Containerneupreises in die Sekundärmärkte veräußert.“ Warum man dies aber nicht in den Prognoserechnungen der Verkaufsprospekte sehen kann, erklärte Solvium für das Angebot Container Select Plus Nr.2 damit, dass statt der kalkulierten Neucontainer schneller abzuschreibende Gebrauchtcontainer gekauft wurden. Diese würden sich besonders für Vermögensanlagen eignen. Fast schon euphorisch erklärte Solvium, der Restwert würde ab einem Alter von circa fünf Jahren nicht mehr weiter abnehmen. Mit keinem Wort werden die zum Teil völlig anderen Erfahrungen der ConRendit-Anleger erwähnt.

Wirtschaftsprüfer. Seriöse Vertreter der Wirtschaftsprüferzunft sind beruflich geprägt skeptisch. Entsprechend hat die Hamburger EBS bei der Solvium Capital Vermögensanlagen GmbH & Co. KG in dem Testat zum Jahresabschluss 2018 vermerkt: „Wie in der Angabe zur Fortbestehensprognose im Anhang und in Abschnitt ‚6. Prognosebericht‘ des Lageberichts dargelegt, deuten diese Ereignisse und Gegebenheiten auf das Bestehen einer wesentlichen Unsicherheit hin, die bedeutsame Zweifel an der Fähigkeit der Gesellschaft zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit aufwerfen kann und die ein bestandsgefährdendes Risiko im Sinne des § 322 Absatz 2 Satz 3 HGB darstellt.“ Ein solcher Hinweis findet sich beispielsweise auch im Testat zum Jahresabschluss 2018 der Solvium Intermodale Vermögensanlagen GmbH & Co. KG.

Nachrangdarlehen. Bedenklich ist bei Solvium auch der Wechsel des rechtlichen Rahmens für die Containerinvestments. Während bisher Direktinvestments mit dem versprochenen Eigentumsübergang der Container angeboten wurden, sind es beim Logistik Opportunitäten Nr. 1 nun nachrangige Namensschuldverschreibungen, die Investoren zeichnen. Im Worst-Case ist dieser Unterschied enorm. Anlegern wird im Verkaufsprospekt aufgrund der Blind-Pool-Konstruktion nicht einmal mitgeteilt, welche Container Solvium für sie erwirbt. Eingekauft wird zudem über die Anbieterin Solvium Capital GmbH, bei der kein Gewinn aus dem Zwischenhandel entstehen soll. Doch von wem diese kauft, bleibt offen. „Sowohl als aus“, antwortete Solvium auf die Frage, ob die Investitionsgüter am Markt von fremden Dritten oder von Anlegern früherer Kapitalanlagen gekauft werden. Unabhängige Wertgutachten über die Kaufpreise gibt es nicht, was angesichts des möglichen Interessenkonflikts massive Fragen aufwirft. Solvium verweist nur wenig beruhigend auf die nachgelagerte Investitionskontrolle durch eine Steuerberatungs- und Treuhandgesellschaft. Inwiefern diese nachgelagerte Kontrolle nur bedingt einen Wert für die Anleger hat, steht im Verkaufsprospekt sehr deutlich: „Die Prüfgesellschaft ist nicht verpflichtet, die ihr für die Beurteilung zur Verfügung gestellten Unterlagen, etwa auf deren inhaltliche Richtigkeit oder tatsächliche Durchführung, zu prüfen.“

Loipfinger’s Meinung. Erfahrung wird bei der Solvium-Gruppe groß geschrieben. Olaf Will hat unstrittig viele Jahre Erfahrung mit Containerinvestments. Gerade die Jahre mit ConRendit, in denen Anleger Millionenverluste erlitten, dürften lehrreich gewesen sein. Ehrlicher Umgang damit sieht allerdings anders aus. ConRendit gehört zu seiner Vergangenheit und dazu sollte Will auch stehen. Einfach mal die Öffentlichkeitsarbeit dort einzustellen und mit einem anderen Unternehmen weiter zu machen ist nicht gerade ehrlich. Das wiederum gekoppelt mit massiven Interessenskonflikten bei der neuen Solvium, stimmt skeptisch. Wenn man schon bei sich selbst einkauft, dann sollten unabhängige Wertgutachten über die Marktgängigkeit der Kaufpreise selbstverständlich sein. Der aktuelle Schwenk weg von Direktinvestments hin zu Blind-Pool-Konstrukten via nachrangigen Schuldverschreibungen wäre aus Anlegersicht nur bei absoluter Transparenz in Verbindung mit unabhängiger Kontrolle vertretbar.

Frühere Berichterstattung: 76 Kubikmeter Unsinn – Solvium verweigert Antworten

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