Danebengebohrt

30 Millionen Euro mit Geothermieprojekten versenkt

Ein geradezu unerschöpfliches Energiepotenzial soll Geothermie eröffnen. Einfach nur ein tiefes Loch an der richtigen Stelle und mit über 80 Prozent Wahrscheinlichkeit wollte die Geokraftwerke.de GmbH Wasser mit einer Temperatur von mindestens 119 °C fördern. Anleger vertrauten darauf und investierten über 30 Millionen Euro in Form von Namensschuldverschreibungen. Vor ein paar Tagen wurde nun ein Insolvenzverfahren eröffnet (Amtsgericht Regensburg, Aktenzeichen 4 IN 220/20). Angeblich gingen die Bohrungen daneben und die Anleger dürften erhebliche Teile ihres Geldes verlieren.

Angebot. Im Dezember 2010 startet der damals noch unter Fröschl GeoKraftWerke GmbH firmierende Anbieter die Platzierung einer Namensschuldverschreibung im Volumen von bis zu 50 Millionen Euro. Mindestens sieben Jahre lang sollte das Geld mit einer Basisverzinsung von 7,25 Prozent angelegt sein. 30,3 Millionen Euro kamen so über die Jahre zusammen. Ein damit vereinbarter qualifizierter Nachrang für die Forderungen der Anleger schreckte die Investoren nicht ab. Sie vertrauten den vollmundigen Versprechen des Anbieters: „Unsere Energie fällt nicht vom Himmel, sondern wird in der Erde geboren. Mit Projekten der Tiefen Geothermie investieren wir in die Nutzung der schier unerschöpflichen Wärme unserer Erde. Dabei orientieren wir uns an nachvollziehbaren Investitionskriterien, welche aus unserer Sicht eine solide Grundlage für kommerziell rentable Konzepte sind.“

Die inzwischen insolvente Geokraftwerke.de sammelte jahrelang Geld bei Privatanleger mit tollen Zinsversprechen
Das tolle Zinsversprechen wurde bereits auf dem Deckblatt des Verkaufsprospektes beworben.
Quelle: Verkaufsprospekt aus 2013

Unternehmensstruktur. Die nun insolvente Emittentin Geokraftwerke.de ist eine 100 prozentige Tochter der FG Geothermie GmbH, die zur Regensburger FG-Unternehmensgruppe gehört. Das Geld der Anleger wurde über ebenfalls qualifiziert nachrangige Darlehen zur Finanzierung tiefengeothermischer Projekte an verschiedene Unternehmen der Gruppe ausgereicht. Diese Projektgesellschaften konnten allerdings ihre daraus resultierenden Verpflichtungen aufgrund von Problemen größtenteils nicht erfüllen. Im Wesentlichen bestehen folgende Forderungen, deren Ansprüche für die Bedienbarkeit der Anlegerforderungen entscheidend sind:
– Geothermie Management GmbH: 23,6 Millionen Euro
– FG Green Tech GmbH: 4,1 Millionen Euro
– GeoKraftwerk FG Schnaitsee I GmbH: 3,9 Millionen Euro
– GeoKraftwerk FG Gars I GmbH: 3,3 Millionen Euro
– GeoKraftwerk FG Amerang GmbH (bereits insolvent): 2,8 Millionen Euro
– Future Water Energy GmbH: 1,7 Millionen Euro
– GeoKraftwerk FG Seebruck I GmbH: 0,6 Millionen Euro
– Frosys GmbH: 0,5 Millionen Euro

Weiterer Ablauf. Aktuell versucht der vorläufig bestellte Insolvenzverwalter Jochen Wagner aus Regensburg die Forderungen der insolventen Emittentin meistbietend zu verkaufen. Außerdem werden in diesen Tagen die Anleger angeschrieben, damit sie bis zum 18. November 2020 ihre Forderungen anmelden. Bereits am 15. Dezember 2020 ist um 10 Uhr im Marinaforum Regensburg eine Gläubigerversammlung geplant. Da dieses aufgrund der aktuellen Corona-Pandemie nur 130 Sitzplätze bietet, sollen sich teilnehmende Gläubiger bis zum 30. November beim Insolvenzverwalter anmelden.

Gläubigerausschuss. Zusammen mit den Rechtsanwälten Dr. Stephan Greger und Sebastian Stemmler ist auch der Rechtsanwalt Ralph Veil von der Münchner Kanzlei Mattil in den vorläufigen Gläubigerausschuss bestellt worden. Auf Anfrage verwies Veil auf ein Urteil vor dem Landgericht Regensburg zu Gunsten eines Anlegers, der schon 2019 in einem Verfahren Schadensersatz von der Emittentin zugesprochen bekam. Das Oberlandesgericht Nürnberg bestätigte dieses Urteil kürzlich, weshalb Veil den Anlegern empfiehlt, die Forderungen nicht einfach als nachrangige Gläubiger anzumelden: „Wir werden für unsere Mandanten auch mögliche Schadensersatzansprüche in Folge der Entscheidungen aus Regensburg/Nürnberg zur Tabelle anmelden. Das ist zwar etwas aufwendiger, aber auch für den Anleger, für den der Sachverhalt zutrifft vorteilhafter, als nur den reinen Rückzahlungsanspruch anzumelden.“

Loipfinger’s Meinung. Auf Nachfrage war der vorläufige Insolvenzverwalter leider nicht bereit weitere Fragen zu beantworten. Das spricht nicht für den Verwalter und meist auch nicht für die Erfolgsaussichten des Verfahrens. Ebenfalls skeptisch stimmt die 2019er Bilanz des Hauptschuldners Geothermie Management GmbH. Diese zeigt bei einer Bilanzsumme von 36,3 Millionen Euro einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 29,2 Millionen Euro. Und was die beiden anderen Bilanzpositionen „Beteiligungen“ mit 6,1 Millionen Euro und „Forderungen gegen verbundene Unternehmen“ in Höhe von knapp einer Million Euro tatsächlich wert sind, wird sich bald zeigen.

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