Zwei Zinsland-Fundings ausfallgefährdet

Ein Insolvenzantrag hat dramatische Folgen für Crowdfundings von Zinsland

Im Sommer 2017 hat die Crowdplattform Zinsland.de erstmals Geld für eine Immobilienentwicklung der AZP Holding gesammelt. 522 Anleger investierten 966.000 Euro in ein Wohn- und Geschäftshaus in Steinbach im Vordertaunus. Ein paar Monate später kam das Immobilienprojekt „Nassauer Hof“ in Kronberg dazu. Dafür wurden 897.000 Euro von 453 Anlegern akquiriert. Wie viel sie davon wiedersehen, steht in den Sternen. Am 6. Mai hat der Emittent beider Fundings, die AZP Projekt Steinbach GmbH einen Insolvenzantrag gestellt. Zinsland stellte dazu klar, dass über Möglichkeit der Rückzahlung derzeit keine belastbare Aussage getroffen werden kann.

Steinbacher Terrassen. Eine gefragte Wohnlage im Vordertaunus, 31 von 34 Wohnungen bereits verkauft und die Gewerbefläche für zwölf Jahre an Rossmann vermietet. Mit solchen Schlagzeilen vermarktete Zinsland die Steinbacher Terrassen. Der Neubau für 13,75 Millionen Euro sollte beim Verkauf 15,92 Millionen Euro einbringen. Den Anlegern wurde eine Rendite von sechs Prozent pro Jahr versprochen. Am 22. November 2018 wäre die Rückzahlung grundsätzlich fällig gewesen, wobei ein Rückzahlungsfenster von sechs Monaten vorher und nachher galt. Zinsland schöpfte keinen Verdacht, als der Projektentwickler im September die Ausnutzung des Zeitfensters per Ende Februar 2019 ankündigte. Kurz vor diesem Termin wurde die Rückzahlung noch einmal auf das maximale Fenster bis 22. Mai verschoben: „Da dieser Termin innerhalb des vertraglich vereinbarten Rückzahlungsfensters liegt, stellte die Verschiebung des Rückzahlungstermins, welche im volatilen Geschäft der Projektentwicklung durchaus ein normaler Vorgang ist, aus unserer Sicht noch keine Bedrohung der Darlehen dar.“

Mit diesen beiden Projekten werden Anleger höchstwahrscheinlich ihr Geld verlieren
Über 1.000 Anleger verlieren mit diesen beiden Immobilienfundings von Zinsland Geld
Bild: Ausschnitte aus den Projektexposés 2017

Nassauer Hof. Ebenfalls über die AZP Projekt Steinbach GmbH lief dann das im Dezember 2017 aufgelegte Funding für ein Wohn- und Geschäftshaus in Kronberg bei Frankfurt. Das Gesamtinvestitionsvolumen war mit 6,08 Millionen Euro veranschlagt. 80 Prozent steuerte die Volksbank Rhein-Lahn-Limburg bei, 15 Prozent die Anleger und nur fünf Prozent der Bauträger in Form von Eigenkapital. Die Verzinsung für den Anleger sollte 6,5 Prozent betragen. Die Rückzahlung war grundsätzlich für den 1. Juni 2019 vorgesehen, wobei auch hier ein flexibles Zeitfenster von sechs Monaten vor und nach diesem Termin gilt. Da Zinsland für die gesamte Laufzeit eine jährliche „Projektmanagement-Fee“ von jährlich 2,2 Prozent zusteht, wollte investmentcheck wissen, welche Projektmanagementaufgaben damit verbunden sind: „Als Gegenleistung für die Verfahrens-Dienstleistungen, die der Plattformbetreiber während der Laufzeit der Darlehen zu erbringen hat (insbesondere Vertrags-Management), erhält der Plattformbetreiber nach erfolgreichem Funding vom Projektinhaber bis zur Resttilgung aller Darlehen jährlich einen Pauschalbetrag in Höhe von 2,2% der Funding-Summe (‚Projektmanagement-Fee‘).“

Entwickler. Ganz entscheidend bei den Projektentwicklungen ist die AZP Holding GmbH. Diese wurde allerdings erst 2016 gegründet. Zinsland stellte beim Funding deshalb stark auf die 50 Jahre Erfahrung aus dem Gesellschafterkreis ab: „In diesem jungen Unternehmen vereint sich somit die Expertise der unterschiedlichen Disziplinen der Immobilien- und Bauindustrie.“ Konkret benannt hat Zinsland in einem Entwicklerprofil Peter Leufen, Gotthard Kuck und Dr. Hans-Georg Deckert. Bei letzterem wurde erwähnt, dass Deckert seit 1993 geschäftsführender Gesellschafter bei Blumenauer Immobilien ist. Beim Nassauer Hof war die Blumenauer Immobilien GmbH & Co. KG für die Vertriebssteuerung zuständig.

Insolvenzantrag. In einem Statement hat Zinsland erklärt, dass „durch das bauleitende Architekturbüro Ausführungsmängel und erhebliche Mehrkosten im Projekt entstanden“ sind. Im Februar 2019 wurde der Vertrag deshalb fristlos gekündigt. Auch der plötzliche und unerwartete Tod von Geschäftsführer Recep Acikgöz im Februar wird als Ursache geführt. Acikgöz war Architekt und verstarb im Alter von 48 Jahren. Am 6. Mai 2019 erfolgte beim Amtsgericht Frankfurt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens für die AZP Projekt Steinbach GmbH (Aktenzeichen 810 IN 507/19). Nur 24 Minuten später, um 12:45 Uhr verfügte das Amtsgericht Frankfurt außerdem die vorläufige Verwaltung des Vermögens der AZP Holding GmbH durch einen vorläufigen Insolvenzverwalter (Aktenzeichen 810 IN 508/19). Hans-Georg Deckert sieht eine Weiterführung der Gesellschaft aus eigenen Kräften als nicht mehr möglich an: „Nach Sichtung der Unterlagen und der Aufnahme der Mängel durch einen Gutachter übersteigen die Kosten bis zur Fertigstellung die Einnahmen, so dass die wirtschaftliche Perspektive leider nicht mehr gegeben ist.“

Transparenzverstöße. Wie unwichtig die Interessen der Anleger in dem Gesamtkonzept gesehen werden, drückt sehr deutlich die Missachtung gesetzlicher Transparenzvorgaben aus. Laut Vermögensanalgengesetz muss der Emittent jährlich spätestens sechs Monate nach Geschäftsjahresende einen Jahresbericht mit bestimmten Mindestinhalten veröffentlichen. Das hat Geschäftsführer Deckert wohl nicht interessiert. Den Jahresabschluss 2017 hat er nicht veröffentlicht, sondern nur hinterlegt. Statt sechs Monate brauchte er über 13 Monate dafür. Und eine Gewinn- und Verlustrechnung fehlt. Dazu befragt, was Zinsland nach Verstreichen der gesetzlichen Frist ab Juli 2018 getan hat, antwortete der Pressesprecher ziemlich enttäuschend: „Wir informieren unsere Projektpartner grundsätzlich sowohl zu Beginn als auch während der Projektlaufzeit immer wieder über ihre aufsichtsrechtlichen Pflichten.“ Deckert konnte sich bei einem Telefonat aber nicht daran erinnern, dass Zinsland ihn auf diese Pflichten hingewiesen hätte.

Bonitätsfragen. Nachdem dies nicht die erste Pleite eines Zinslandfundings ist (näheres hier), hat investmentcheck die Qualitätsprüfung etwas hinterfragt. Da das Funding für den Nassauer Hof erst im Dezember 2017 begann, hätte die finanziell schwierige Lage der Emittentin, die sich später im Jahresabschluss per 31. Dezember 2017 offenbarte, bei Einsicht in monatliche BWAs eigentlich schon bekannt sein müssen: „ZINSLAND analysiert standardmäßig neben der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft sowohl die Bonität als auch die wirtschaftlichen Parameter des Projektes. Zum Zeitpunkt des Fundings war das Gesamtbild der uns vorgelegten Informationen stimmig und vollkommen ausreichend um eine Finanzierung auf unserer Plattform zu vermitteln.“ Ziemlich nichtssagend. Anleger dürften eher enttäuscht sein, auch weil in den damals zur Verfügung gestellten VIBs ein Eigenkapital per Ende 2016 von „EUR 0,00“ ausgewiesen war. Tatsächlich lag Ende 2016 schon ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag in Höhe von 155.000 Euro vor, der bis Ende 2017 auf 1,2 Millionen Euro anwuchs.

Loipfinger’s Meinung. Die Civum GmbH als Betreiberin der Crowdplattform zinsland.de steht in einem harten Wettbewerb um die Finanzierung von Immobilienprojekten. Harte Kriterien bei der Auswahl geeigneter Fundings sind dabei nicht förderlich, um ausreichende Umsätze für einen profitablen Geschäftsbetrieb sicherzustellen. Zumal der Jahresfehlbetrag 2016 mit 388.000 Euro in 2017 auf 1,2 Millionen Euro anstieg. Leider verstoßen dann auch noch eine ganze Reihe von Zinslandfundings gegen die gesetzlichen Transparenzvorschriften, Jahresabschlüsse der Emittenten innerhalb von sechs Monaten nach Geschäftsjahresende zu veröffentlichen. Vertrauensbildend ist das nicht gerade.


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