Ist alles Gold auch da?

Bonus.Gold liefert nur schwache Nachweise

Bei Bonus.Gold geht es um knapp 830 Kilogramm des glänzenden Metalls (38 Millionen Euro). Anleger vertrauen dieser Firma ihr Geld an, weil sie Sicherheit, Transparenz und einen Mehrwert verspricht. Pro Tag werden 0,049 Prozent „Bonusgoldvergütung“ gewährt. Mit Zinseszinseffekt vermehrt sich der Edelmetallbestand damit im ersten Jahr um sensationelle 19,6 Prozent. Kann das funktionieren? Wie sicher ist das Anlegergeld dort aufgehoben? Liefert Bonus.Gold die versprochene und notwendige Transparenz, um das beurteilen zu können? Nach einem halben Jahr Schriftverkehr bleiben massive Zweifel.

Geschäftsmodell. Offiziell kaufen die Kunden physisches Gold und überlassen dieses der Bonus.Gold GmbH zur Verwendung in deren Recycling-Mehrwertkreislauf: „Aus den Gewinnmargen des Recycling-Mehrwertkreislaufs erhält der Kunde für die Überlassung des Goldes täglich eine kleine Menge Gold, das BONUS.GOLD, übereignet.“ Im Klartext wird mit dem Kundengold in der Türkei Schmuck und Halbzeug hergestellt, das monatlich umgeschlagen werden soll. Der Kunde wird also nicht Eigentümer des Goldes und hat keinen gesonderten Insolvenzschutz. Er bekommt lediglich eine Sicherungsabtretung eingeräumt. Sein versprochener Verdienst liegt in den ersten beiden Jahren bei 0,049 Prozent pro Tag (19,6 Prozent pro Jahr) und anschließend bei 0,03 Prozent pro Tag (11,6 Prozent pro Jahr).

Mit dieser Bestätigung sollen die Goldbestände von Bonus.Gold zweifelsfrei nachgewiesen werden.
Mit dieser Bestätigung sollen die Goldbestände von Bonus.Gold zweifelsfrei nachgewiesen werden.
Quelle: Bescheinigung des Wirtschaftsprüfers

Jahresabschlüsse. Aufgrund der fehlenden Zuordnung einzelner, ihnen gehörender Goldbarren müssen Anleger sehr stark auf die Bonität und Seriosität von Bonus.Gold vertrauen. In einer anfänglich verteilten Unternehmensbroschüre versprach deshalb der Anbieter, den freiwillig geprüften Jahresabschluss zum 31. Dezember bereits im 1. Quartal des Folgejahres zu veröffentlichen. Auf Nachfrage erklärte Rechtsanwalt Christian Seyfert im Auftrag des Unternehmens, dass dies aufgrund der Auslastung des Wirtschaftsprüfers nicht so umgesetzt werden kann und die fehlerhafte Broschüre vom Netz genommen wurde. Tatsächlich würde „die Jahresabschlussprüfung jedes Jahr im Herbst des Folgejahres durchgeführt, so dass der geprüfte Jahresabschluss ‚gesetzlich fristgerecht‘ im Bundesanzeiger veröffentlicht werden kann.“ Fakt ist allerdings, dass der Abschluss für das Gründungsjahr 2017 im Bundesanzeiger erst seit April 2019 abrufbar ist. Das Handelsgesetzbuch schreibt aber zwölf Monate vor. Und wer den Jahresabschluss 2018 sucht, der findet per Redaktionsschluss noch keine Finanzzahlen.

Testat 2017. Doch damit längst nicht genug der Fragezeichen. Artur Bieganski hat seinen am 4. Februar 2019 für das Geschäftsjahr 2017 unterzeichneten Bestätigungsvermerk mit einer entscheidenden Einschränkung versehen: „Das Vorhandensein der ausgewiesenen Vorräte in Höhe von EUR 13.746.196,29 ist nicht hinreichend nachgewiesen, weil ich nicht an der Inventur im Ausland teilnehmen konnte und durch alternative Prüfungshandlungen keine hinreichende Sicherheit über den Bestand der Vorräte gewinnen konnte. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass der Jahresabschluss insoweit fehlerhaft ist.“ Auf Nachfrage erklärte das der Unternehmensanwalt mit einem Formfehler. Der türkische Wirtschaftsprüfer sei vom Unternehmen beauftragt worden, weshalb der deutsche Wirtschaftsprüfer dessen Prüfung der Goldvorräte nicht uneingeschränkt übernehmen dürfe. Bonus.Gold hätte daraus gelernt: „Es ist jedoch sichergestellt worden, dass für zukünftige Jahresabschlussprüfungen der Prüfungsauftrag für die Jahresabschlussprüfung der Vorräte am Standort Istanbul vom deutschen Wirtschaftsprüfer erteilt wird.“

Monatliche Inventurprüfung. Als zusätzliche Sicherheit wird den Investoren in Werbeunterlagen eine „Monatliche Wirtschaftsprüfung in den Lagerstätten“ versprochen. Auch Paragraph 8 Absatz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) definiert monatlich eine externe und unabhängige Prüfung der Bestände sowie einen Abgleich mit den geschuldeten Goldmengen der Kunden. Taha Atakan Kaynar (22), Geschäftsführer der Bonus.Gold GmbH erklärte, dass diese Vorgabe immer erfüllt wurde. Mehrfach hat Investmentcheck um die Übersendung entsprechender Nachweise gebeten. Dabei wird zum einen in einer Tagesbilanz eine lange Liste mit anonymisierten Kundenlisten geliefert, der Soll-Bestand. Für den Ist-Bestand gibt es eine Aufstellung mit einem Stempel der „Bonus Altin Ticaret A.S.“. Das ist eine türkische Aktiengesellschaft, die nicht als unabhängig bezeichnet werden kann. Zwei der drei Zahlen, die den Gesamtbestand ergeben, werden durch Wirtschaftsprüferbestätigungen untermauert. Das sind die Goldbestände in der Geschäftsstelle in Istanbul und in Köln. Die wichtigste dritte Zahl, der Goldanteil, der als Kommissionsware unterwegs ist, bleibt ohne Wirtschaftsprüferbestätigung.

Wirtschaftsprüferbescheinigung. Für die Kunden steigt damit die Bedeutung der jährlichen Inventur, die für den Wirtschaftsprüfervermerk entscheidend ist. Monatelang vertröstete Bonus.Gold hinsichtlich der eigentlich doch längst existierenden Bestätigung per 31. Dezember 2018. Ende 2019 versprach Kaynar, dass er nun eine „große Prüfung“ am 2. Januar 2020 durchführen lassen werde und investmentcheck sofort das Ergebnis der Prüfung schickt. Auch das kam erst nicht und wurde nun per Ende Januar nachgereicht. Artur Bieganski stellte eine Bescheinigung aus, wonach die Bonus.Gold GmbH selbst die Bestände in Höhe von 828 Kilogramm Gold und 247.000 Euro per 21. Januar 2020 aufgenommen hat. Er war beobachtend dabei und hat in Stichproben das Vorhandensein überprüft.

Prospektpflicht? Ein Angebot mit einer Art von Verzinsung in Form von Bonusgold wirft aus Anlegersicht die Frage auf, ob es sich hierbei um eine prospektpflichtige Vermögensanlage handelt. Der von Kaynar beauftragte Rechtsanwalt Christian Seyfert verneinte dies auf Anfrage. Eine sonstige Vermögensanlage liege nicht vor, weil der Bonus.Gold-Vertrag „nicht mehr als ein regulärer Kaufvertrag über Anlagegold“ sei. Ein Kunde erhalte „keine Miete, keine Zinsen oder sonstigen Geldansprüche“, sondern täglich nur „eine bestimmte Goldmenge Anlagegold übereignet“. Andererseits wird jedem Kunden laut Seyfert „völlig unmissverständlich mitgeteilt, dass er keinen Insolvenzschutz hat, sondern lediglich eine Sicherungsabtretung besteht“. Nach einem klaren Kauf mit entsprechender Sicherheit im Worst-Case-Fall klingt das nicht gerade.

Loipfinger’s Meinung. Angesichts den traurigen Erfahrungen mit PIM-Gold kann heute der klare Beweis der vorhandenen Goldbestände nicht hoch genug eingeschätzt werden. Bonus.Gold hat den Kunden an verschiedenen Stellen solche Nachweise versprochen. Die nach monatelangen Diskussionen dann an Investmentcheck endlich gelieferte Bestätigung wirft allerdings Fragen auf, die nicht notwendig sein sollten. Gerade nach der von Rechtsanwalt Seyfert generös als belanglosen Schönheitsfehler bezeichneten Einschränkung im Testat 2017 sollte Kaymar alles tun, einen unstrittigen Beweis für die Goldbestände zu erbringen. Seit Monaten wird die Wirtschaftsprüferbestätigung für 2018 in Aussicht gestellt, die bis Redaktionsschluss nicht vorlag. Damit steht leider die Frage im Raum, ob alles Gold was da sein soll auch tatsächlich da ist.

Forum. Für Fans von Goldanlagen und geschädigte Anleger bei PIM-Gold wurde zum Austausch untereinander ein geschlossenes Benutzerforum eingerichtet. Auch Investoren von Bouns.Gold können sich dort gerne kostenlos eintragen und mitdiskutieren. [zum Forum]

Nachtrag. Aufgrund einer rechtlichen Auseinandersetzung musste dieser Beitrag vorübergehend vom Netz genommen werden. Obiger Artikel stellt die erstmals am 3. Februar 2020 veröffentlichte Originalversion dar.

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