Insolvenz der MEP Werke

UDI-Anleger verlieren weiteres Geld

Noch vor zwei Jahren waren die MEP Werke laut Erhebungen von FOCUS und Statistia das am schnellsten wachsende Energieunternehmen Deutschlands. Finanziert haben das Wachstum zum Teil Privatanleger, die nun um ihr Geld bangen müssen. Auch die Nürnberger UDI-Gruppe von Stefan Keller ist involviert. Bei der schon lange kriselnden MEP Werke GmbH, die seit Herbst 2019 Encopia GmbH heißt, wurde nun vom Amtsgericht München ein Insolvenzverfahren eröffnet (Aktenzeichen 1542 IN 840/20). Insolvenzverwalter ist Oliver Schartl von der Kanzlei Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen.

Insolvenzeröffnung. Für Investmentcheck kommt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht überraschend. Schon Anfang April erfolgte der Antrag beim Insolvenzgericht, das aber zur weiteren Entscheidung erst ein Gutachten beim Fachanwalt für Insolvenzrecht Oliver Schartl von der Kanzlei Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen in Auftrag gab. Die Gutachterbestellung bestätigte die Pressesprecherin der Kanzlei schon vor einiger Zeit. Vor kurzem hat sie dann erklärt, dass „das Insolvenzverfahren über die Encopia GmbH demnächst zu Eröffnung kommen wird“. Jetzt ist es so weit und das Insolvenzverfahren wurde am 28. Juli 2020 wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnet. Wie aus gut informierten Kreisen zu hören ist, ist für die Gläubiger keine nennenswerte Quote zu erwarten. Die Unterdeckung zwischen Vermögen und Verbindlichkeiten soll bei über 99 Prozent liegen.

Firmensitz der Encopia GmbH (vormals MEP Werke GmbH) in München
Firmensitz der Encopia GmbH (vormals MEP Werke GmbH) in München
Bild: Stefan Loipfinger

Jahresabschluss 2018. Die im März veröffentlichte Bilanz der Encopia GmbH zeigt für 2018 einen Verlust von 5,1 Millionen Euro. Ein Jahr davor waren es 4,1 Millionen und in 2016 immerhin 2,8 Millionen Euro Miese. In 2018 wurden acht Tochterunternehmen abgestoßen oder verschmolzen. Zum Guten hat sich offenbar wenig verändert: „Die Gesellschaften der MEP Gruppe sind teilweise zum Abschlussstichtag ebenfalls bilanziell überschuldet und befinden sich teilweise in einer wirtschaftlich und liquiditätsmäßig sehr angespannten Situation.“ Nur mit Fresh-Money konnte man sich über Wasser halten. Eine in Österreich angesiedelte PI Solar GmbH zeichnete eine Kapitalerhöhung und die Strasser Capital GmbH gab ein Gesellschafterdarlehen. Verbindlichkeiten bestanden vor allem gegenüber verbundenen Unternehmen. Bezüglich einer Konzernzugehörigkeit wird im Jahresabschluss auf die Einbeziehung der MEP Werke GmbH in den Konzernabschluss der Strasser Capital GmbH hingewiesen. Laut Konstantin Strasser wurde diese Konzerneinbindung allerdings 2019 aufgehoben.

Tochterunternehmen. Laut Auskunft von Konstantin Strasser zieht der Insolvenzantrag von Encopia eine Reihe von Tochterunternehmen in die Insolvenz. Dazu zählen die MEP Vertriebsholding GmbH mit deren Tochter MEP Direct Sales GmbH, die MEP Vermögensverwaltung I GmbH, die MEP Ökostrom GmbH sowie die MEP Solar Miet & Service IV GmbH. Bei der MEP Solar Miet & Service III GmbH erfolgte bereits ein Insolvenzantrag im Februar 2020. Die MEP Solar Miet & Service II GmbH soll aufgrund einer langfristigen Finanzierung und gesicherten Einnahmeströmen aus verbrieften Solar-Dachanlagen unberührt bleiben. Auch die MEP Solar Miet & Service GmbH ist nicht insolvent. Strasser betonte außerdem, dass die übrige Strasser-Gruppe nicht direkt betroffen ist.

Fluktuation. Seit einiger Zeit sind die Probleme der MEP Werke GmbH auch an den Wechseln in deren Chefetage abzulesen. 2018 bestand die Geschäftsführung noch aus Konstantin Strasser, Thi Loan Strasser, Markus Olbrich und Stefan Keller. Der erst im August 2017 berufene Olbrich ist im Juni 2018 wieder abberufen worden. Der über die NCK Invest GmbH auch als Gesellschafter beteiligte Stefan Keller schied im September 2018 aus. Nach der Umfirmierung im September 2019 in Encopia GmbH legte Thi Loan Strasser im November ihre Geschäftsführungsfunktion nieder. Im März diesen Jahres verlies Konstantin Strasser die Geschäftsleitung und bestellte zusammen mit anderen Gesellschaftern Johannes Schulz als seinen Nachfolger.

Crowdfunding. Im Frühjahr 2016 stiegen die MEP-Werke in das Geschäft mit Schwarmfinanzierungen ein. Die damaligen Geschäftsführer boten Kleinanlegern ab 100 Euro die Möglichkeit in Solaranlagen zu investieren. Sieben Jahre sollte das Geld entweder in Bayern, Rheinland-Pfalz oder Thüringen investiert sein. Die versprochene Verzinsung lag zwischen 4,5 und sechs Prozent. Die Homepage dafür lautete passend „geldzugruen.de“. Ein großer Erfolg war es nicht. Das gesammelte Volumen blieb bei einem niedrigen sechsstelligen Betrag, weshalb die Geschäftsbeziehung zwischen CrowdDesk als technischen Plattformbetreiber und den MEP-Werken wieder gelöst wurde. Auf Anfrage teilte CrowdDesk mit: „Grund für die Auflösung der Geschäftsbeziehung war u.a. der von den MEP-Werken GmbH betrachtete Aufwand, den unsere Plausibilitätsprüfung im Betreibermodell mit sich brachte.“ Für die Anleger war das ein Glück. Deren an die MEP-Werke vergebene Nachrangdarlehen wurden laut CrowdDesk vorzeitig zurückgeführt: „Dabei erhielten alle Anlegerinnen und Anleger neben einer Vorfälligkeitsentschädigung auch ihren investierten Anlagebetrag zurück.“

Wertpapieremission. Ab Dezember 2017 sammelte die MEP-Gruppe über eine nachrangige Schuldverschreibung Geld bei Privatanlegern. Den Wertpapierprospekt dafür gestattete die Luxemburger Finanzmarktaufsicht CSSF. 6,8 Prozent bei einer Laufzeit von fünf Jahren versprach die MEP Vermögensverwaltung I GmbH für ein Volumen von bis zu zehn Millionen Euro. Gerade einmal eine viertel Million Euro kamen zusammen, bevor sie den Vertrieb wieder einstellten. Spannend ist der 72-seitige Prospekt, weil darin die sehr komplexen Vertragswerke innerhalb der MEP-Gruppe beschrieben sind. Auch die zu diesem Zeitpunkt schon desaströse Finanzlage wird über viele Seiten erläutert. Von einer bilanziellen Überschuldung wird ebenso berichtet wie von einer nur „überwiegend wahrscheinlichen“ Unternehmensfortführung. In Zahlen ausgedrückt: Die Bilanz der MEP Werke GmbH zeigte per Ende 2016 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 21,5 Millionen Euro.

SC Infrastructure II. Gleich zwei Mal versuchte Konstantin Strasser Geld für eine SC Infrastructure II GmbH & Co. KG einzusammeln. Das erste Mal Ende 2012 mit Genussrechten. Gut scheint das nicht gelaufen zu sein, da für 2013 und 2014 nicht einmal ein Jahresabschluss vorliegt. Die Bilanz 2012 besteht auf der Aktivseite nur aus einem nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag über 5.000 Euro. 2014 erfolgte die Löschung, bevor Strasser 2016 eine andere Firma auf den Namen SC Infrastructure II GmbH & Co. KG änderte. 2017 genehmigte die BaFin einen Verkaufsprospekt für Nachrangdarlehen mit qualifiziertem Rangrücktritt im Volumen von bis zu zehn Millionen Euro. Zweck dafür war, das Anlegerkapital per Nachrangdarlehen an die Strasser Capital GmbH weiter zu reichen. Offenbar fehlte den Privatinvestoren der Glaube daran, da in 2018 die Emittentin bereits wieder erloschen ist.

Solar Sprint-Reihe. Teilweise als Festzins-Produkte deklariert sammelte Stefan Keller mit der UDI Beratungsgesellschaft bis Anfang 2017 Geld für den Aufbau eines Mietmodells für Photovoltaik-Dachanlagen in Deutschland. Mit den Produkten II bis IV investierten UDI-Anleger rund 22 Millionen Euro in Form von Nachrangdarlehen. Diese Gelder flossen dann an verschiedene MEP Solar Miet & Service-Firmen, die zur MEP-Gruppe gehören. Eine davon, die MEP Solar Miet & Service III GmbH wurde kurz vor ihrem Insolvenzantrag im Februar 2020 in RexXSPI umbenannt. Stefan Keller als Geschäftsführer der te Solar Sprint IV GmbH & Co. KG teilte seinen Anlegern Ende März mit, dass er zu den möglichen Erfolgsaussichten im Rahmen des Insolvenzverfahrens leider keine Aussagen treffen könne. Zwischen den Zeilen wurde jedoch sehr klar, wie schlecht diese seien, da die Anleger nur nachrangig bedient werden und eine Bank im ersten Rang mit einem größeren Darlehen zum Zuge kommt. Ebenfalls schlecht dürfte es um die te Solar Sprint Festzins II bestellt sein, da auch diese den großen Teil ihrer Gelder an die insolvente RexXSPI vergab.

UDI-Gelder. Von Anlegern der UDI-Gruppe stehen noch weitere Gelder bei der Encopia im Feuer. So enthält der Jahresabschluss 2018 von Encopia einen Hinweis auf sonstige Verbindlichkeiten, die sich um sieben Millionen Euro erhöhten. Wo das Geld genau herkommt, wird nur angedeutet: „Der Anstieg der sonstigen Verbindlichkeiten ist vor allem auf die Aufnahme von nachrangigen Darlehen, vergeben durch die te management GmbH und te energy sprint I GmbH sowie die fusconic GmbH & Co. KG, zurück zu führen.“ Aktuell sind die Darlehen zwar offenbar etwas geringer, aber laut Konstantin Strasser immer noch im Millionenbereich. Danach schuldet Encopia der te energy sprint I GmbH & Co. KG noch 970.000 Euro und der te management GmbH sogar 2,7 Millionen Euro. Bei der te energy sprint I handelt es sich um eine Emittentin von Nachrangdarlehen, für die Keller bis Januar 2018 über UDI insgesamt 12,4 Millionen Euro bei Privatanlegern akquirierte. Wie sich die Ausreichung der Anlegergelder mit den Investitionskriterien des Anlagemodells verträgt, hat Keller auf Anfrage nicht erklären wollen. Und auch bei der te management könnten Anlegergelder im Feuer stehen, weil diese erhebliche Beträge von verschiedenen UDI-Anlegergesellschaften erhalten hat. Auch dazu äußerte sich Keller auf Anfrage nicht.

Loipfinger’s Meinung. Die Insolvenzeröffnung bei Encopia wirft viele Fragen auf. Da wäre zum einen die fragwürdige Rolle von UDI-Chef Keller, der berechtigte Fragen nicht beantwortet. Vielleicht stellt diese Fragen ja mal die Finanzaufsicht BaFin, die gemäß Paragraph 24 Absatz 5 Vermögensanlagengesetz bei Beschwerden von Anlegern die Rechnungslegung etwas genauer unter die Lupe nehmen könnte. Zum anderen wirft auch das Verhalten der finanzierenden Bank Fragen auf, die durch die Fälligstellung eines Darlehens den Stein ins Rollen brachte. Die Verlierer sind neben Konstantin Strasser vor allem die vielen Privatanleger mit ihren Nachrangdarlehen. Die Aussichten auf Rückzahlung nennenswerter Gelder dürften sehr düster sein.

Nachtrag.Am 4. August 2020 hat das Amtsgericht München mitgeteilt, dass laut Insolvenzverwalter Masseunzulänglichkeit vorliegt (Paragraph 208 Absatz 1 Insolvenzordnung).

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