93%-iger Sieg für P&R-Anleger

Landgericht München I lässt nur geringe Insolvenzanfechtungen zu

Nach Karlsruhe, Bochum und Stuttgart hat nun auch München sein Urteil zu einer Anfechtungsklage der Insolvenzverwalter in Sachen P&R gefällt. Dr. Alexander Hobelsberger als Vertreter der beklagten Anlegerin hat sich auf Nachfrage sehr erfreut über das Ergebnis geäußert: „Unsere Mandantin wurde nur hinsichtlich der Mieten zur Rückzahlung verurteilt, wobei das Gericht auch hier unserer Argumentation gefolgt ist und den Wertverlust der Container (Differenz aus Kaufpreis und dem deutlich niedrigeren Rückkaufpreis) sowie die Entreicherung durch Steuerzahlungen in Abzug gebracht hat.“ Konkret heißt das: Das Gericht hat die geforderte Summe von 32.200 Euro um gut 93 Prozent auf 2.100 Euro gekürzt.

Anwendungsbereich. Der Fall in München ist mit zwei Verhandlungstagen und einer Zeugeneinvernahme deutlich intensiver ausdiskutiert worden als die anderen Verfahren. Leider bezieht sich das Urteil (Aktenzeichen 6 O 1575/20) aber auf einen P&R-Leasingfall, bei dem der Rückkaufspreis schon von Anfang an garantiert war. Rechtsanwalt Hobelsberger ist diesbezüglich allerdings optimistisch und davon überzeugt, dass die Argumentation des Gerichts auf alle P&R-Fälle übertragbar sei. Wer das mit 28 Seiten sehr umfangreiche Urteil liest, findet dazu auch Ausführungen des Richters. Denn sein Beschluss, dass „die Leistung der Schuldnerin in Höhe des Gewinnanteils eine unentgeltliche Leistung im Sinne des §134 Abs. 1 InsO“ sei, wird zuerst allgemein festgestellt. Im zweiten Schritt schreibt er dann unter der Überschrift „Nicht anders wegen garantierten Rückkaufspreis“, warum dies ebenfalls für den verhandelten Fall greift. Als Referenz führt er ein BGH-Urteil vom 9. Dezember 2010 (Aktenzeichen IX ZR 60/10, Randnummer 6) an, das den Gewinnanteil als unentgeltliche und damit rückzahlbare Leistung einstuft. Nur im Schlusssatz dieses Absatzes trifft er eine Feststellung, die die Auslegung auf alle P&R-Fälle etwas entkräftet: „Vielmehr spricht gerade dies dafür.“ Damit sagt er also, dass eigentlich nur die Scheingewinne anfechtbar sind, bei garantierten Rückkaufspreisen gilt dies aber noch mehr.

Eingangsbereich beim Landgericht München I
In diesen ehrwürdigen Hallen bekam ein P&R-Anleger zu 93 Prozent Recht.
Bild: Stefan Loipfinger

Entscheidungsgründe. Im Grunde basiert das Münchner Urteil auf der Feststellung des Gerichts, dass es sich bei P&R um ein Schneeballsystem gehandelt hat. Das gelte mindestens für die relevanten Jahre vor den Insolvenzanträgen, woran auch die zum Teil tatsächlich vorhandenen Container nichts ändern: „Insoweit ist es unschädlich, dass die Schuldnerin nicht ausschließlich betrügerisch tätig war, sondern zu einem Gutteil auch tatsächlich wirtschaftete.“ Weiter führt der Richter aus, dass diese Wertung auf dem oben schon zitierten BGH-Urteil zu den Phoenix-Fällen basiere (Randnummer 1), weshalb er „das Vorliegen eines Schneeballsystems gerade auch für diese Konstellation“ annahm. Dem Grunde nach sieht das Gericht die Containerkäufe als „Geldanlage, bereichert um die vermeintliche dingliche Sicherung an Containern“.

Berechnung Scheingewinn. In der Berechnung des Anspruchs gegen die beklagte P&R-Anlegerin nimmt das Gericht im ersten Schritt den Kaufpreis von 29.700 Euro und zieht davon den Rückkaufspreis von 24.600 Euro ab. Der Wertverlust von 5.100 Euro wird dann vom gesamten Mietertrag über die dreijährige Laufzeit in Höhe von 7.626 Euro in Abzug gebracht, woraus sich der Gewinn vor Steuern von 2.526 Euro ergibt. Genau diesen Betrag hat Investmentcheck auch schon als möglichen Anfechtungsanspruch in einem Beitrag zu mündlichen Verhandlung prognostiziert (Tendenz uneinheitlich). Was damals noch nicht absehbar war: Rechtsanwalt Hobelsberger hat in der zweiten mündlichen Verhandlung den Betrag dann noch um die geleisteten Steuerzahlungen reduzieren können, in dem er diese als Entreicherung geltend machte. Das Gericht folgte im Urteil seiner Nettobetrachtung und beschließt einen Anfechtungsanspruch in Höhe von 2.109 Euro. Das sind nur 6,5 Prozent der geforderten 32.200 Euro.

Loipfinger’s Meinung. Das Münchner Urteil ist lesenswert, da es nicht nur nachvollziehbar argumentiert ist, sondern auch auf andere P&R-Anfechtungsurteile eingeht und erklärt, warum diese nicht greifen würden. Klar bleibt das Thema, ob der Leasingfall wirklich auch auf die anderen P&R-Anlagen ohne Rückkaufsgarantie übertragbar ist. Grundsätzlich erscheint es allerdings plausibel. Damit stellt sich am Ende die Frage, wie die Anwendung dieses Urteils auf Anleger wirken würde, die heute mit nicht zurückgezahlten Investments von der Insolvenz betroffen sind. Müssen sie einen Teil der erhaltenen Mietzahlungen, der dem Gewinn im plangemäßem Verlauf entspricht, zurückzahlen, oder wird der weit darüber hinaus gehende Verlust aus den Insolvenzverfahren gegengerechnet? Hobelsberger hat dazu eine klare Meinung, die geschädigte P&R-Anleger beruhigen dürfte:
„Sollte sich die Anfechtbarkeit der Mietzahlungen in den Folgeinstanzen bestätigen, kann dem in jedem Fall eine Entreicherung entgegengesetzt werden. Neben einer Entreicherung durch Steuerzahlungen, die gemäß dem Urteil des Landgerichts München I abziehbar sind, kommt auch eine Entreicherung durch den verlorenen Container-Kaufpreis in Betracht, der regelmäßig die Summe der Mietzahlungen übersteigt. Eine Insolvenzanfechtung würde dann in einem Großteil der Fälle ins Leere laufen.“ Es wird spannend, wie das Oberlandesgericht München in der zu erwartenden Berufung entscheidet.

Die gesammelte P&R-Berichterstattung bei investmentcheck ist hier abrufbar.

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