Dritte Exporo-Pleite

Überraschende Probleme beim „Wohnen am Tiergarten“

Nach den Insolvenzen für die zwei Fundings „Portfolio Marburg“ und „Portfolio Marburg II“ muss Exporo nun eine weitere Pleite managen. Die führende Plattform für Crowdfundings sammelte ab September 2019 knapp eine Million Euro für das Projekt „Wohnen am Tiergarten“. Spätestens am 20. Dezember 2020 sollte das Geld eigentlich inklusive Zinsen an die Anleger zurück fließen. Doch bei der Emittentin Bois Immo Trading UG hat das Amtsgericht Essen nun überraschend ein Insolvenzverfahren eröffnet (Aktenzeichen 163 IN 82/20). Was das für das Geld der Schwarmfinanzierer bedeutet, kann Exporo derzeit nicht sagen.

Funding. Die Risiken der Exporo-Finanzierung „Wohnen am Tiergarten“ sollten mit einem A-Rating (Exporo-Klasse) unterdurchschnittlich sein, weil die Anleger neben zwei Schuldanerkenntnissen von leitenden Mitarbeitern auch noch eine erstrangige Grundschuld erhielten. Für zwölf bis 15 Monate Laufzeit wurde den Anlegern eine Verzinsung von 5,0 Prozent versprochen. Ab 500 Euro war eine Beteiligung an der Sanierung eines Wohn- und Geschäftshauses in Velen, im westlichen Münsterland möglich. Mit Ausrufezeichen lobte Exporo damals den Projektentwickler: „Miguel Bois – Vermittlung von Immobilien steht nun seit fast 10 Jahren für kompetentes und Vertrauenswürdiges Handeln auf dem Immobilienmarkt!“ Rund 940.000 Euro investierten Exporo-Kunden deshalb in Teil-Kreditforderungen der Raisin Bank AG.

Exporo sah wenig Risiken beim Funding "Wohnen am Tiergarten"
Die Risiken beim Funding „Wohnen am Tiergarten“ sollten laut Exporo überschaubar sein.
Quelle: Exporo-Broschüre beim Funding im September 2019

Zahlungsverzug. Exporo wurde von der Insolvenzeröffnung offenbar überrascht, wie Felix Raubach auf Nachfrage zugab: „Die Rückzahlung des Darlehens hätte fristgerecht zum 20.12.2020 erfolgen sollen. Wenige Tage vor dem Ablauf dieser Frist hat uns der Darlehensnehmer mündlich darüber informiert, dass die Rückzahlung fristgerecht erfolgen wird. Zum Stichtag konnten wir jedoch keinen entsprechenden Zahlungseingang verbuchen.“ Auch die Tage erhielt Exporo vom Emittenten offenbar falsche Auskünfte: „Am 28.12.2020 hat uns der Darlehensnehmer per E-Mail darüber informiert, dass die Rückzahlung aufgrund ausstehender Kaufpreiszahlungen nicht zum 20.12.2020 erfolgen konnte. Zudem sei krankheitsbedingt eine weitere leichte Verzögerung eingetreten. Dennoch wurde uns in der E-Mail vom 28.12.2020 mitgeteilt, dass die Rückzahlung des Darlehens zum 30.01.2021 erfolgen könne.“ Zwischenzeitlich ist die Kommunikation zwischen Exporo und Bois offenbar abgebrochen, so dass die Crowdplattform den Anlegern über die Hintergründe der Insolvenzeröffnung nichts sagen kann: „Seit dieser E-Mail vom 28.12.2020 bleiben jegliche Kontaktversuche von uns mit dem Darlehensnehmer erfolglos. Aufgrund dieses beschriebenen Kommunikationsverlaufes mit dem Darlehensnehmer, können wir derzeit nicht beurteilen, welche Gründe zum Insolvenzantrag geführt haben.“

Aussichten. Im Vergleich zu deutlich unsichereren Nachrangdarlehen müssten die Käufer von Teil-Kreditforderungen eigentlich besser da stehen. Ob dem so ist und wie die Aussichten auf eine Rückzahlung der Anlegergelder sind, kann Exporo derzeit allerdings nicht sagen: „Zum aktuellen Zeitpunkt können wir hierüber noch keine belastbaren Aussagen treffen. Tatsächlich wurden im Projektvertrag sowohl eine erstrangige Grundschuld, als auch abstrakte Schuldanerkenntnisse gegen die handelnden Personen der darlehensnehmenden Gesellschaft vereinbart. Wir werden jetzt die Situation sowie die erforderliche Schritte analysieren und die Anleger des Projektes über die Entwicklungen informiert halten.“

Jahresabschluss 2019. Als Emittent einer Vermögensanlage ist die Bois Immo Trading UG eigentlich gesetzlich verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Geschäftsjahresende einen Jahresabschluss im Bundesanzeiger zur Veröffentlichung einzureichen. Obwohl das Funding erst Ende 2019 erfolgte, ist bis heute kein Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2019 abrufbar. Exporo hat das offenbar nicht nervös gemacht, wie die unerwartete Insolvenzantragsstellung zeigt. Exporo sollte deshalb erklären, wie sie mit dem Unterlassen der Veröffentlichung umgingen. Aus Anlegersicht ist das allerdings wenig zufriedenstellend: „Sowohl innerhalb der mit den Emittenten geschlossenen Verträge als auch im stetigen Kontakt zum jeweiligen Emittenten, weisen wir mit Nachdruck auf die rechtlichen Veröffentlichungspflichten explizit hin. Es ist uns allerdings selbst leider nicht möglich, die Veröffentlichung der entsprechenden Dokumente darüber hinaus voranzutreiben. Die Gründe, weshalb die Veröffentlichungsfristen mitunter nicht eingehalten worden sind, können wir im Einzelfall nicht beantworten. „

Loipfinger’s Meinung. Immer wieder wird im Forum Investmentcheck.community von Anlegern über nicht plangemäß laufende Fundings berichtet. Zumindest bei Exporo waren Zahlungsverzögerungen meistens nur vorübergehend und die Schwarmfinanzierer erhielten ihr Geld dann doch noch zurück. Mit dem Funding „Wohnen am Tiergarten“ hat Exporo nun aber eine weitere Pleite zu managen. Aufgrund der Konstruktion als Teil-Kreditforderungen mit entsprechenden Sicherheiten dürfte es nicht zu einem Totalausfall kommen. Auch die Finanzierungsstruktur mit 100.000 Euro Eigenkapital des Projektentwicklers, 940.000 Euro Crowdkapital und 350.000 Euro Reinvestitionen aus Zahlungen von Käufern gemäß MaBV spricht für einen eher glimpflichen Ausgang. Andererseits hätte es bei dieser Finanzierungsstruktur eigentlich nicht zu einer Insolvenz kommen dürfen, da auch alle Wohnungen angeblich erfolgreich verkauft wurden. Exporo hat also einiges aufzuarbeiten.

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