Gut fürs Gemüt

Geschädigte P&R-Anleger erhalten 207 Millionen Euro

Deutschlands prominentester Insolvenzverwalter Dr. Michael Jaffé hat trotz Wirecard die P&R-Anleger nicht vergessen. Wie er und sein Kollege Dr. Philip Heinke heute verkündeten, zahlen sie im 2. Quartal dieses Jahres 206,7 Millionen Euro an die geschädigten Anleger des insolventen Containeranbieters P&R aus. Umgerechnet auf die angemeldeten Insolvenzforderungen einzelner Investoren bedeutet dies eine Abschlagszahlung in Höhe von 7,5 beziehungsweise 4,0 Prozent. Wer nun genau wie viel erhält hängt davon ab, bei welcher der vier P&R-Gesellschaften ein Anleger die überwiegend nicht vorhandenen Container kaufte.

Quoten. Die höheren Abschlagszahlungen bekommen die Anleger der P&R Gebrauchtcontainer Vertriebs- und Verwaltungs-GmbH (GC) und der P&R Container Vertriebs- und Verwaltungs-GmbH (LF). Diese rund 38.000 beziehungsweise 28.000 Investoren werden voraussichtlich 7,5 Prozent erhalten. Mit 4,0 Prozent deutlich weniger erhalten die Containerkäufer, die ihre Boxen bei der P&R Transport-Container GmbH (TC) und der P&R Container Leasing GmbH (CL) erwarben. Das sind mit etwa 15.000 beziehungsweise 2.300 Anlegern allerdings die kleineren Anbieter. Der Hintergrund für diese unterschiedlichen Quoten liegt in notwendigen Rückstellungen, die jeweils zu bilden sind. Bei der TC und der CL sind die potenziellen Ansprüche aus Insolvenzanfechtungen deutlich geringer als bei der GC und der LF. Jaffé scheint also von nennenswerten Anfechtungen auszugehen, sonst würde er die Quoten bei den Gesellschaften mit potenziell höheren Ansprüchen nicht höher ansetzen (Überblick zum Stand der Pilotverfahren).

Von diesem Büro in München werden zwei der größten Insolvenzen Deutschlands gesteuert.
Von diesem Büro in München werden zwei der größten Insolvenzen Deutschlands gesteuert.
Bild: Stefan Loipfinger

Voraussetzungen. Michael Jaffé ist sichtlich stolz auf die jetzt schon möglichen Auszahlungen: „Die Durchführung einer ersten Abschlagsverteilung nicht einmal drei Jahre nach Insolvenzantragstellung stellt einen enormen Erfolg für die P&R Gläubiger dar. Für ein Verfahren dieser Größenordnung und angesichts der hohen Gläubigerzahl sowie der Vielzahl der Probleme, die wir lösen mussten, um eine Ausschüttung zu ermöglichen, ist das ein sehr früher Zeitpunkt.“ Das ist durchaus berechtigt, da er wegen der Corona-Pandemie notwendige Beschlüsse nur in einem aufwändigen schriftlichen Verfahren herbeiführen konnte. Auch das Ergebnis von 99,9 Prozent Zustimmung für den Vorschlag zur Verteilung der Erlöse zwischen den vier P&R Containerverwaltungsgesellschaften spricht für seine Arbeit. Bis auf wenige Anleger, die mit ihm noch über die Höhe der Insolvenzforderung uneinig sind, erhalten fast alle eine Abschlagszahlung. Diese ist auch endgültig und kann nicht mehr zurückgefordert werden, weshalb Jaffé entsprechend hohe Rückstellungen bildet.

Ausblick. Eine weitere gute Nachricht für die P&R-Anleger liefert Jaffé mit dem Hinweis, dass in 2022 schon eine zweite Abschlagsverteilung möglich sein könnte. Das ergibt sich schon allein daraus, dass nur ein Teil der bisher in der Schweiz erwirtschafteten Erträge ausgezahlt wird. Auf Nachfrage von Investmentcheck bezifferte Jaffé den bis einschließlich März 2021 generierten Betrag für die Insolvenzmassen auf 475 Millionen Euro. Damit machen die aktuell anstehenden Überweisungen nur knapp die Hälfte der vorhandenen Gelder aus. Aufgrund des aktuell sehr gut laufenden Weltcontainermarkts sind derzeit keine negativen Überraschungen aus den Verträgen mit den Containermanagementgesellschaften zu erwarten. Und wer heute als Anleger bei der CL und TC mit vier Prozent weniger erhält als die anderen Anleger mit 7,5 Prozent, darf auf das nächste Jahr hoffen. Denn eine geringere Auszahlung jetzt heißt nicht, dass die Quote insgesamt am Ende geringer sein wird. Grundsätzlich werden die in der Schweiz erwirtschafteten Erträge entsprechend den investierten Geldern gleichmäßig auf die vier P&R-Anbieter verteilt. Abweichende Quoten am Ende entstehen unter anderem durch weitere Gläubiger, die nicht Anleger sind sowie unterschiedliche Schadensersatz- und Anfechtungsansprüche bei den vier Anbietergesellschaften.

Loipfinger’s Meinung. Die Höhe der Abschlagszahlung fällt angesichts des Termins im 2. Quartal 2021 etwas geringer aus als erwartet. Mit 7,5 Prozent wird aber zumindest bei den beiden größeren P&R-Anbietern nennenswert ausgeschüttet. Überraschend ist dann doch der deutlich geringere Wert von vier Prozent bei der TC und der CL. Vor allem die Begründung für die jeweils unterschiedlichen Quoten sollte aufhorchen lassen. Jaffé nimmt das Thema Anfechtungen sehr ernst und sieht höhere mögliche Ansprüche daraus als Grund für höhere Abschlagszahlungen. Das zeigt sich auch daran, dass er die Anleger in Kürze noch einmal anschreiben wird, die bisher keine Hemmungsvereinbarung für eine drohende Verjährung unterschrieben haben. „Bei der gegebenen Sachlage empfiehlt es sich für die Anleger dringend, die Hemmungsvereinbarung zu unterzeichnen, da der Insolvenzverwalter Ansprüche, die (von manchen Gerichten) in erster Instanz positiv beschieden worden sind, nicht ‚ausbuchen‘ kann und wird“, erklärte er auf Nachfrage.

Weitere Infos. Die gesammelte P&R-Berichterstattung bei investmentcheck ist hier abrufbar. Wenn sich betroffene P&R-Anleger untereinander austauschen wollen, dann können sie sich kostenlos im Forum unter www.investmentcheck.community eintragen.

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