Dunkle Wolken über Green City

Über 100 Millionen Euro Anleihekapital ist ausfallgefährdet

Green City entstand aus einer 1990 in München ins Leben gerufenen Umweltorganisation. 2005 gründeten die Aktivisten dann die Green City Energy AG, die bisher rund 250 Millionen Euro Anlegerkapital einsammelte. Der heute nur noch unter Green City firmierende Anbieter hat damit Investitionen in Erneuerbare Energien in Höhe von 535 Millionen Euro realisiert. Von geschlossenen Fonds über Aktien, Anleihen bis zu Genussrechten reicht das dafür genutzte Spektrum der Anlagevehikel. Jetzt ziehen sehr dunkle Wolken über Green City auf, wie drei Meldungen zu börsennotierten Anleihen zeigen. Der Bestand der Emittenten sei gefährdet und die Rückzahlung nicht gesichert.

Green City AG. Den Stein ins Rollen brachte die Einladung zu einer außerordentlichen Hauptversammlung. Denn darin war eine Anzeige gemäß Paragraph 92 Absatz 1 Aktiengesetz enthalten, wonach „ein Verlust von mehr als der Hälfte des Grundkapitals eingetreten ist“. Was das in Zahlen konkret heißt, ist der Einladung nicht zu entnehmen. Der Jahresabschluss der AG per 2019 weist 5,56 Millionen Euro Eigenkapital aus. Der Verlust war mit 348.000 Euro verkraftbar (Vorjahr: -1,62 Millionen Euro). Allerdings zeigt ein Blick in den sehr spät im Oktober 2021 veröffentlichten Konzernabschluss für 2019, dass in der Gruppe seit Jahren massive Verluste auflaufen. In 2019 betrug der Konzernjahresfehlbetrag 7,25 Millionen Euro (Vorjahr: 6,69 Millionen Euro). Da das Eigenkapital dafür schon lange nicht mehr reicht, ist der nicht durch Konzerneigenkapital gedeckte Fehlbetrag bereits auf 40,89 Millionen Euro angeschwollen.

Green City wollte erst ein autofreies München und dann eine grüne Stadt
Green City wollte erst ein autofreies München und dann eine grüne Stadt
Bild: Stefan Loipfinger

Kraftwerkspark II. Die Green City Energy Kraftwerkspark II GmbH & Co. KG hat Namens- und Inhaberschuldverschreibungen in Höhe von 50 Millionen Euro begeben. Das Platzierungsende wurde im April 2016 erreicht. Hinsichtlich der Bedingungen ist jeweils zwischen einer Tranche A und B zu unterscheiden. Beide Tranchen der Namensschuldverschreibungen machen ein Volumen von 18,34 Millionen Euro aus. Das restliche Volumen ging in die börsennotierten Inhaberschuldverschreibungen. Bei deren Tranche A (ISIN DE000A161MQ1) gilt eine Laufzeit bis zum 30. Dezember 2023 bei einer festen Verzinsung von 4,75 Prozent. Die Tranche B (ISIN DE000A161MR9 sowie ISIN DE000A14KH45) läuft bis zum 30. Dezember 2033 und wird mit 5,75 Prozent verzinst. Insgesamt fallen jährlich zum Jahresende Zinsen in Höhe von 3,6 Millionen Euro an. Laut dem letzten veröffentlichten Jahresabschluss 2019 wurden diese aber nicht erwirtschaftet. Allein in diesem Jahr lag das Finanzergebnis mit 804.000 Euro im Minus und summierte sich mit dem negativen Betriebsergebnis auf 1,33 Millionen Euro Jahresfehlbetrag. Über die Jahre hat sich ein negatives Eigenkapital in Höhe von 7,25 Millionen Euro aufgebaut, was knapp elf Prozent der Bilanzsumme darstellt.

Kraftwerkspark III. Die in drei Tranchen unterteilten Inhaberschuldverschreibungen wurden von 2016 bis März 2019 platziert. Emittentin ist die Green City Energy Kraftwerkspark III GmbH & Co. KG. Das Gesamtvolumen beläuft sich auf 51,33 Millionen Euro. Die größte Tranche A (ISIN: DE000A2AALN4) ist mit 4,0 Prozent verzinst und hat eine Laufzeit bis Ende 2026. AnlegerInnen der Tranche B (ISIN: DE000A2AALP9) erhalten 5,0 Prozent jährlich bis Ende 2036. Kleinste Tranche ist die C-Variante (ISIN: DE000A2G8V82), die mit 3,5 Prozent bis Ende 2026 läuft. Der erst sehr spät im September 2021 veröffentlichte letzte Jahresabschluss 2019 zeigt Verluste aus dem Finanzgeschäft von 904.000 Euro. Inklusive dem negativen Betriebsergebnis und erheblichen Verlustvorträgen stand damals ein Minus von 6,13 Millionen Euro in der Bilanz. Das überstieg das Eigenkapital deutlich und verursachte 4,85 Millionen Euro negatives Eigenkapital.

Solarimpuls I. Emittentin der 2017 aufgelegten Anleihe Solarimpuls I (ISIN: DE000A2GSTH8) ist die Green City Solarimpuls I GmbH & Co. KG. Das bis 2019 platzierte Volumen beträgt 15 Millionen Euro und wird jährlich mit 3,25 Prozent verzinst. Innerhalb der Laufzeit bis zum 30. September 2037 ist darüber hinaus ein kleiner Inflationsausgleich als Bonus vorgesehen. Bisher wurden alle Zinsen ordnungsgemäß bezahlt, auch wenn die Erträge aus den Investments dafür nicht ausreichten. Im letzten veröffentlichten Jahresabschluss für 2019 sind Erträge aus Ausleihungen des Finanzanlagevermögens und sonstige Zinsen sowie ähnliche Erträge in Höhe von 377.000 Euro verbucht worden, während an Zinsen und ähnlichen Aufwendungen mit 530.000 Euro deutlich mehr abfloss. Zusammen mit den Verlusten aus dem Geschäftsbetrieb ging das zu Lasten des Eigenkapitals, das sich auf ein Minus von 1,13 Millionen Euro ansammelte. Ende 2019 bestand die Bilanz damit zu sieben Prozent aus einem nicht durch Vermögenseinlagen gedeckten Fehlbetrag. Wie bei den anderen Anleihen wird eine Überschuldung durch eine qualifizierte Nachrangabrede verhindert.

Ausfallgefährdung. Sehr ähnlich sind die Meldungen zu den drei Anleiheemittenten. Darin heißt es beispielsweise wenig vielversprechend zum Kraftwerkspark II: „Die Gesellschaft befindet sich derzeit in einer finanziellen Krise und ist möglicherweise drohend zahlungsunfähig sowie möglicherweise überschuldet. Dies könnte den Bestand der Gesellschaft und damit auch die Rückzahlung der Inhaberschuldverschreibungen in Frage stellen. Die Zahlungen der am 30. Dezember 2021 fälligen Zinsen aus den Inhaberschuldverschreibungen sind derzeit noch nicht gesichert. Ursächlich hierfür ist, dass Zahlungen von Konzerngesellschaften auf Darlehensrückzahlungsansprüche nicht gesichert sind. Die Unternehmensgruppe prüft unter Einbeziehung der Gesellschaft aktuell verschiedene Restrukturierungskonzepte einschließlich einer möglichen Anleiherestrukturierung bei der Gesellschaft.“

Nachfragen. Da insbesondere der Hinweis auf unsichere Zahlungen von Konzerngesellschaften weite Interpretationsspielräume zulässt, hat Investmentcheck nachgefragt. Pressesprecher Martin Betzold erklärte dazu: „Es handelt sich um Projektentwicklungsdarlehen, die an zwei Konzerntöchter (Green City Energy Service GmbH & Co. Windpark Bayern 2014 KG und Projektentwicklung KG) der Green City AG vergeben wurden. Der Solarimpuls hat zudem ein Projektentwicklungsdarlehen direkt an die Green City AG ausgegeben. Diese Zahlungen sind derzeit nicht gesichert.“ Wenn also selbst Zahlungen von der AG nicht gesichert sind, dann verheißt das nichts Gutes für die gesamte Gruppe und noch eine Reihe weiterer Anlagevehikel. Die Nachfrage zu den angekündigten Restrukturierungsüberlegungen kann diese Bedenken nicht zerstreuen: „Wir arbeiten derzeit auf Hochtouren an der Erstellung und Plausibilisierung des Konzepts. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir erst darüber sprechen können, wenn dieses finalisiert und mit allen wesentlichen Beteiligten abgestimmt wurde.“

Loipfinger’s Meinung. 1990 ist der Verein unter dem Namen “München 2000 Autofrei“ angetreten. Dieses Ziel ist bekanntlich gescheitert und der Verein längst auf den Namen Green City umfirmiert. Jetzt könnte allerdings noch viel mehr Scheitern, denn die gesamte Gruppe hat bei 250 Millionen Euro Anlegerkapital enorme Pflichten auf sich genommen und kann diese nicht mehr ordnungsgemäß bedienen. Die extremen Verflechtungen innerhalb der Gruppe und die wild zwischen Konzernunternehmen hin und her gereichten Millionendarlehen machen es sehr schwer, eine Lawine noch aufzuhalten. Und die sehr späte Veröffentlichung von Jahresabschlüssen spricht nicht für eine gute Unternehmensführung und klare Strukturen. Da brodelt es schon länger, weshalb auch die Frage zu klären sein wird, warum Baker Tilly bei ihren Bestätigungsvermerken keine Einwendungen erhob.

Nachtrag. Am 24. Januar 2022 wurden zwei Insolvenzanträge beim Amtsgericht München gestellt. Unter anderem ist die Green City AG drohend zahlungsunfähig und überschuldet. Weitere Informationen: Insolvenzanträge bei Green City

Service. Wenn Sie über Green City mit anderen AnlegerInnen diskutieren wollen, dann können Sie sich gerne im Forum Investmentcheck.Community eintragen. Die Registrierung ist kostenlos und kann Ihnen weitere Erkenntnisse für Ihre Anlageentscheidungen liefern. Sofern Sie regelmäßig an Informationen von investmentcheck.de interessiert sind, können Sie sich hier für den kostenlosen Newsletter eintragen. Sie erhalten dann wöchentlich eine entsprechende Mail.

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