Insolvenzanträge bei Green City

250 Millionen Euro Anlegerkapital ausfallgefährdet

Die Green City AG aus München hat heute beim Amtsgericht München Insolvenzantrag gestellt. Sie ist drohend zahlungsunfähig und überschuldet. Die von einer Umweltorganisation in 2005 gründete Gruppierung hat 250 Millionen Euro bei Anlegern eingesammelt und damit Investitionen in Erneuerbare Energien in Höhe von 535 Millionen Euro realisiert. Von geschlossenen Fonds über Aktien, Anleihen bis zu Genussrechten reicht das dafür genutzte Spektrum der Anlagevehikel. Schon im Dezember wurden Schwierigkeiten bekannt, weshalb die Münchner AG vergangene Woche entsprechende Beschlüsse auf einer außerordentlichen Hauptversammlung fassen wollte. Dazu kam es aber nicht, weshalb jetzt ein Insolvenzverwalter das Ruder übernimmt.

Gescheiterte HV. Am 20. Januar fand eine außerordentliche Hauptversammlung statt. Wichtigste Punkte dort waren die Nummern 5 und 6 auf der Tagesordnung, mit denen Kapitalmaßnahmen beschlossen werden sollten. Dazu kam es offenbar nicht, wie eine Pressemitteilung der AG nahelegte. Denn dort stand dazu nichts, weshalb Investmentcheck bereits letzte Woche dazu anfragte. Eine Antwort kam nicht. Stattdessen wurde heute über einen Insolvenzantrag der Green City AG informiert. Man hätte bereits weit fortgeschrittene Gespräche mit Investoren nicht abschließen können.

Der Weg in die Insolvenz von Green City
Verluste habe das Eigenkapital im Konzern seit Jahren aufgezehrt
Grafik Investmentcheck, Zahlen Konzernabschlüsse, Hintergrundbild: Green City AG / Ackermann

Versagungsvermerk. Seit Jahren entstehen im Konzern Verluste, weshalb Ende 2019 ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von 40,9 Millionen Euro stand (siehe auch: Dunkle Wolken über Green City). Trotz dieser Zahlen wurde nicht an eine Konsolidierung gedacht, sondern enorme Wachstumspläne geschmiedet. So betrug die Energieerzeugungskapazität Ende 2019 rund 106 MW. Die Projektpipeline lag hingegen bei 741 MW. Enorme Wind- und Solarprojekte in Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien waren geplant. Die Tochtergesellschaft Summiq AG sollte 2019 an die Börse gebracht werden. Im Dezember 2019 wurden die Pläne dann allerdings auf Eis gelegt. Es soll an den ungünstigen Rahmenbedingungen auf dem Kapitalmarkt für Neuemissionen gelegen haben. Schwer zu glauben in dieser Vor-Corona-Zeit, in der auch die Abschlussprüfungen für den Konzernabschluss 2017 eskalierten. Am Ende hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PSP Peters Schönberger das Testat für 2017 versagt: „Der Konzernabschluss wurde unter unzutreffender Anwendung der Vorschriften über die Abgrenzung des Konsolidierungskreises aufgestellt.“ Das klingt nicht nach einer Kleinigkeit. Außerdem konnte ein Bankguthaben über 1,3 Millionen Euro „nicht hinreichend nachgewiesen“ werden. Abschließend wiesen die beiden Prüfer auf den Konzernlagebericht hin, wonach „der Fortbestand der Green City Gruppe bedroht ist, sollten im Zuge geplanter Finanzierungs- und Kapitalbeschaffungsmaßnahmen liquide Mittel nicht in ausreichendem Maße zufließen“. Baker Tilly störte das alles nicht, da deren Prüfer 2018 und 2019 dann ohne Einwendungen testierten.

GCE Kraftwerkspark I. Ebenfalls einen Insolvenzantrag stellte die Geschäftsführung für die GCE Kraftwerkspark I GmbH. Man konnte den Verkauf der Assets und die Rückführung der Darlehen nicht im gesteckten Zeitrahmen abschließen. Der letzte von den Geschäftsführern Frank Wolf, Jens Mühlhaus und Günter Lanzl veröffentlichte Jahresabschluss für 2019 zeigt ein Genussrechtskapital von 9,4 Millionen Euro. Fremdkapital war zumindest damals nicht nennenswert vorhanden. Die Genussrechte stammen aus einer 2011 erfolgten Platzierung von zehn Millionen Euro über die Green City Energy Kraftwerke GmbH & Co. Kraftwerkspark I KG, die 2015 durch eine „Anwachsung“ auf die nun insolvente GCE Kraftwerkspark I GmbH übergingen. Der Verlauf war offensichtlich ziemlich unbefriedigend, weshalb 2020 durch Aufhebungsvereinbarungen 3,2 Millionen Euro zurückbezahlt wurden. Ein Großteil der Tranche A war aber ohnehin Ende 2021 fällig. Angesichts des Insolvenzantrages könnte eine spannende Frage werden, warum das erst im August 2021 erteilte Testat von Baker Tilly in der veröffentlichten Version des Jahresabschlusses unvollständig abgedruckt ist. Die Version 2018 wurde aber zumindest ohne Beanstandungen bestätigt.

Forum Green City auf Investmentcheck.Community

Loipfinger’s Meinung. Eine per Ende 2019 ausgewiesene Projektpipeline von 741 MW klingt schon etwas größenwahnsinnig. Der wegen mangelnder Nachfrage Ende 2019 abgesagte Börsengang der Tochter Summiq sollte 75 bis 100 Millionen Euro in deren Kassen spülen. Damit war die Akquisition von Projekten im Umfang von 190 MW geplant. Der Börsengang wäre aber ohnehin erstaunlich gewesen in einer Phase, in der die Mutter gerade mit den Wirtschaftsprüfern kämpfte, um einen zum dem Zeitpunkt schon fast zwei Jahren alten Konzernabschluss testiert zu bekommen. Das endete im September 2020 in einem Versagungsvermerk. Green City machte munter weiter und tauschte die Prüfer wieder zurück auf Baker Tilly, die vorher und dann auch wieder nachher ohne Beanstandungen testierten. Es wird echt spannend zu sehen, wie der noch vom Gericht zu bestellende vorläufige Insolvenzverwalter damit umgehen wird.

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