Zahlreiche Exporo-Fundings in Verzug

Firma von Jerome Boateng bei Problemfunding involviert

Die marktführende Crowd-Plattform Exporo muss zunehmend Probleme mit Fundings einräumen. Langsam stellt sich die Frage, ob dies immer noch Einzelfälle sind oder ob bereits von einem Systemproblem gesprochen werden muss. Entscheidend dürfte sein, wie groß der „Versagensanteil“ von Exporo ist. Bei dem Projekt „Am Hamburger Stadtpark“ haben AnlegerInnen dies nun im Forum Investmentcheck.Community sehr dezidiert recherchiert und mögliche Versäumnisse zusammengetragen. Besonders pikant: Dieses zwischenzeitlich notleidende Investment wurde schon vor dem Funding an eine Firma des Fußballspielers Jerome Boateng verkauft. Boatengs Firma soll laut Exporo Druck aufgebaut haben, damit die AnlegerInnen innerhalb weniger Tage der Löschung ihrer wesentlichen Sicherheit, einer erstrangigen Grundschuld zustimmten. Mit 500.000 Euro wurde dieses Zugeständnis erkauft, was aber einen 80-prozentigen Kapitalverlust bedeuten könnte.

Hamburger Stadtpark. Anfang 2019 sammelte Exporo 2,5 Millionen Euro bei AnlegerInnen für das Projekt „Am Hamburger Stadtpark“ ein. Fünf Prozent Zinsen sollten bei einer Laufzeit bis zum 30. März 2020 bezahlt werden. Ab 500 Euro war ein Investment in das Projekt mit der Exporo-Klassifizierung A möglich. Denn die AnlegerInnen erhielten als Sicherheit eine erstrangige Grundschuld und ein abstraktes Schuldanerkenntnis eines Geschäftsführers. Das war möglich, weil kein Nachrangkonstrukt, sondern ein Verkauf anteiliger Darlehensforderungen vorlag. Dazu hat die MHB-Bank AG (heute Raisin) ein Darlehen an die Projektgesellschaft vergeben, das über die Exporo-Tochter Forderungshändler II GmbH an die AnlegerInnen übertragen wurde. Für die Sicherheiten verantwortlich war die Elbtreuhand Service GmbH. Und wer bis dahin immer noch zweifelte, der bekam von Exporo den bereits begonnenen Bau und den erfolgten Verkauf zum Gesamtpreis von 6,83 Millionen Euro zu hören. Die erste Rate hatte der Käufer gemäß Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) bereits bezahlt.

Exporo hat den AnlegerInnen beim Funding Am Hamburger Stadtpark eine hohe Sicherheit versprochen
Die von Exporo als Highlights verkaufte Sicherheiten verhindern wohl keinen Kapitalverlust
Quelle: Expose von Exporo vom 7. März 2019

Probleme. Warum das beim Funding bereits begonnene Bauprojekt schon Monate später völlig aus dem Ruder lief und wann diese Probleme genau begannen, ist leider nicht bekannt. Hinsichtlich der gegebenen Finanzierung kämpfen die Schwarmfinanzierer nun mit einer schon 2018 im Grundbuch vermerkten Löschungsvormerkung für die als erstrangig angepriesene Grundschuld. Denn die TMS 7 Hamburg GmbH, die zu einer Firma des Fußballspielers Jerome Boateng gehört, hat die Projektentwicklung schon 2017 gekauft. Die nach MaBV bezahlten Kaufpreisraten rutschten so im Rang vor die Grundschuld, worüber die AnlegerInnen nicht aufgeklärt wurden. Auf Anfrage erklärte Exporo dazu nur, dass die MaBV-Finanzierungsstruktur „üblich“ sei, ohne auf die fehlende konkrete Aufklärung einzugehen.

Finanzloge. Noch pikanter wird es dann bei der Frage, wie bei einer Bezahlung nach Baufortschritt nun eine derartige Unterdeckung im Hinblick auf die vorhandene Substanz entstehen konnte. Dabei spielt eventuell das Family-Office Finanzloge aus Hamburg eine wichtige Rolle. Zu deren Gunsten wurde am 2. Januar 2018 eine Grundschuld über vier Millionen Euro eingetragen, die später auch das Fundingkapital der AnlegerInnen absichern sollte. Die Finanzloge hat also die Finanzierung für das Projekt organisiert, bevor die AnlegerInnen von Exporo ins Spiel kamen. Aber auch die Firma von Jerome Boateng als späterer Käufer wird von der Finanzloge betreut, so dass hier schon Interessenkonflikte vorliegen könnten. Doch damit nicht genug: Exporo hat die Finanzloge auch noch mit einer Art Mittelverwendung beauftragt, so dass der Bauträger RE:concpet entsprechend kontrolliert wird. Dazu befragt antwortete Exporo nur ausweichend: „Das Family-Office wurde von dem Sicherheitentreuhänder der Anleger u.a. mit der Verwaltung der Grundschuld beauftragt.“ Der Sicherheitentreuhänder, auf den Exporo nun hinweist, ohne die Frage nach der Mittelverwendungskontrolle zu beantworten, ist die Elbtreuhand Service GmbH. Dazu passt ins Bild, dass die Finanzloge auf Nachfrage zur Mittelverwendungskontrolle zwar anders, aber auch jede Verantwortung von sich weisend antwortete: „Wir hatten eine formale Prüfungspflicht für Auszahlungen laut Treuhandvertrag, der wir nachgekommen sind.“ Die Raisin-Bank (damals MHB-Bank), über die der mit Anlegerkapital refinanzierte Kredit abgewickelt wurde, hat sich nicht dazu geäußert, warum sie nicht ein Bauträgerkonto führte und Zahlungen nur mit entsprechenden Rechnungsnachweisen freigab.

Finanzierungsablösung. Die Liste der Fragen und möglichen Versäumnisse ist damit noch längst nicht abgearbeitet. Die im Forum Investmentcheck.Community zusammengekommenen AnlegerInnen haben zum Beispiel ermittelt, dass die als Finanzierungsbaustein angepriesene Fremdkapitalposition von einer Million Euro auch aus dem Umfeld der Finanzloge kam, aber dann mit dem Anlegerkapital von Exporo abgelöst wurde. Die Crowdfinanzierung floss also nicht vollständig in das Projekt, wie es Investoren beim Studium der Verkaufsunterlagen glauben durften. Mit Exporo war das angeblich nicht so abgesprochen, wie die Plattform auf Nachfrage erklärte: „Die Rückführung des Fremdkapitals sollte regulär aus Mitteln der Darlehensnehmerin gegen Ende des Projekts zurückgeführt werden (wie bei jeder anderen Finanzierung auch). Die Einwerbung der Anlegergelder und die Rückführung stehen in keinem sachlichen Zusammenhang. Exporo hat von der o.g. Rückführung erst im März 2020 erfahren.“ Bei der Finanzloge klingt es erneut etwas anders: „Unsere Anleger hatten seinerzeit den Grundstücksankauf für den Projektentwickler finanziert. Da wir das Projekt auch für potentielle Käufer interessant empfanden, hatten wir nach Absprache mit dem Projektentwickler dieses Projekt in unserem Kundenkreis angeboten. Da es dadurch zu einer potentiellen Konfliktsituation kam, wurde die Finanzierung durch die Exporo AG abgelöst.“

Tabelle: Investmentcheck.de - Stand: Ende Januar 2022
Tabelle: Investmentcheck.de – Stand: Ende Januar 2022

Einzelfall? Im Grunde gilt es für AnlegerInnen von ausfallgefährdeten Exporo-Fundings jetzt ähnliche Recherchen auch in anderen Fällen anzustellen. Dazu gibt es bereits Ansätze bei „Wohnen am Waldweg“, „Wohnen im Narzissenweg“ und „Wohntrio im Grünen“. Selbst bei sehr langjährigen Exporo-Investoren kippt zunehmend die Stimmung ins Negative. Besorgt blicken sie auf ihre früheren Gewinne, die mit jedem (Teil-)Ausfall sehr schnell dahinschmelzen. Schließlich sind mit einem Ausfall die Jahreszinsen von etwa 20 erfolgreichen Fundings aufgezehrt. Das würden sie vermutlich noch hinnehmen, wenn Exporo keine Schuld trifft. Beim Hamburger Stadtpark sehen das aber eine ganze Reihe von AnlegerInnen völlig anders und haben sich zu einer Klagegemeinschaft zusammengefunden. Sie haben einen Rechtsanwalt beauftragt, um mögliche Schadensersatzansprüche zu prüfen.

Loipfinger’s Meinung. Crowdfunding wird gerne als Möglichkeit zur Nutzung der Schwarmintelligenz bezeichnet. Darüber lässt sich trefflich streiten, da bei der Fundingauswahl nur die Zeichner betrachtet werden. Leider ist aber nicht bekannt, wer nicht gezeichnet hat, weshalb ein kollektive Qualitätsaussage wohl nicht anzunehmen ist. Sei’s drum. Das Funding „Am Hamburger Stadtpark“ hat für mich den Beweis einer Schwarmintelligenz anders erbracht: Im Forum Investmentcheck.Community haben sich eine ganze Reihe von AnlegerInnen innerhalb von Tagen gegenseitig bei Recherchen unterstützt und so eine ganze Liste von Argumenten gesammelt, die rechtliche Relevanz erhalten könnten. Ein Teil der Gruppe hat sich nun mit einem sechsstelligen Beteiligungsvolumen zusammengefunden und rechtlichen Beistand eingeholt. Durch diese Solidarisierung in einer Gruppe sind die AnlegerInnen nun in der Lage sich zu wehren. Jetzt wird es spannend.

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