Gegenwehr bei alternativlosen Abstimmungen

18/2023: Wöchentlicher Kommentar von Stefan Loipfinger

Liebe Leserinnen und Leser,
ich bin zurück mit erschütternden Eindrücken, was die dramatische Inflation in Argentinien anrichtet. Noch nie in meinem Leben bin ich in einem Land so oft davor gewarnt worden, in diese oder jene Ecke einer Stadt zu gehen, weil es extrem gefährlich wäre. Das kann ich verstehen und will zwei Zahlen nennen: Am Anfang der Reise haben wir für einen Euro 400 Peso erhalten. Drei Wochen später waren es 515! Der wertvollste Geldschein in Argentinien ist damit nicht einmal mehr zwei Euro wert. Diese Dynamik finde ich beängstigend. So wie wir täglich auf den Wetterbericht schauen, so blicken die ArgentinierInnen morgens als erstes auf den Kurs des Blue-Dollar, also den Schwarzmarktwert ihrer Währung.

Der echte Wert mancher Investments ist leider nicht so einfach abrufbar. Bei dem Crowdfunding NEOS-Bremen der Plattform Bergfürst stimmen nun 4.200 AnlegerInnen über eine Laufzeitverlängerung von zwei Jahren ab, weil die Rückzahlung der Ende 2020 emittierten Schwarmfinanzierung nicht klappte. Die vorgelegten Informationen lassen eigentlich keine qualifizierte Entscheidung zu. Die Interessengemeinschaft der Bergfürst Anleger hat deshalb einen Fragenkatalog formuliert und organisiert über das Anlegerforum Investmentcheck.Community Widerstand, um die Position der AnlegerInnen zu stärken. Die Anlagebedingungen in Verbindung mit dem Schuldverschreibungsgesetz liefern hier einen guten Ansatz. Entweder Andreas Krone als Chef der Emittentin liefert Antworten oder ein Gericht muss wegen fehlender Informationen über eine Anfechtung der Abstimmung entscheiden.

Der wertvollste argentinische Geldschein ist mit 1.000 Peso nicht einmal mehr 2 Euro wert
Der wertvollste argentinische Geldschein ist mit 1.000 Peso nicht einmal mehr 2 Euro wert – Bild: Stefan Loipfinger

Es nervt schon fast grenzenlos, wenn über Probleme erst bei der Nichtrückzahlung informiert wird. Auch von dem Anbieter 7×7 wurde viel zu spät über einen möglichen Zahlungsausfall der Schuldverschreibung 2016/2021 (WKN A169K3 / ISIN DE000A169K35). informiert. Schon vor zwei Jahren gab Andreas Mankel am 31. März 2021 per Ad-hoc-Meldung bekannt, dass die Rückzahlung am gleichen Tag nicht möglich sei. Die daraufhin vereinbarte Laufzeitverlängerung bis zum 30. April 2023 wird nun wieder nicht erfüllt und es soll erneut eine Änderung der Anleihebedingungen beschlossen werden. Auch hier gibt es AnlegerInnen im Forum Investmentcheck.Community, die sich das nicht mehr gefallen lassen wollen. Ich bin gespannt, ob ebenfalls eine schlagkräftige Gemeinschaft entsteht, die dem von mir schon vor Jahren kritisierten Verhalten (Vertriebsaufbau mit Anlegergeld: 7×7-Unternehmensgruppe läuft nicht rund) begegnen.

Bleiben Sie standhaft

Ihr
Stefan Loipfinger

P.S.: An der Stelle möchte ich noch einmal Kerstin Kondert dafür danken, dass sie mich in den letzten drei Wochen mit interessanten Themen vertreten hat.


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