Nächster Schock für Project-AnlegerInnen

Die fünfte Insolvenz betrifft nun die Investmentsparte

Eigentlich wollte die Project-Gruppe für den Worst-Case vorsorgen und hat zwei voneinander unabhängige Unternehmensgruppen aufgebaut. Sogar die Standorte wurden getrennt, denn die Immobiliensparte hat ihren Sitz in Nürnberg, während die Investment-MitarbeiterInnen in Bamberg schaffen. Dass nun bei der Project Vermittlungs GmbH ebenfalls ein Antrag auf Regelinsolvenz gestellt wurde, vergrößert die Befürchtungen enorm, denn damit ist nun auch ein Unternehmen der Investmentsparte betroffen. Für die 30.000 AnlegerInnen der 20 Publikums-Fonds und deren 1,4 Milliarden Euro sind das keine guten Nachrichten.

Schultze & Braun. Zu ersten Insolvenzanträgen der Project-Gruppe von vergangener Woche (Bericht vom 9. August 2023) hat das Amtsgericht Nürnberg nun erste Beschlüsse veröffentlicht. Positiv ist, dass mit Schultze & Braun eine der professionellen Kanzleien eingesetzt wurde. Zur Vermeidung möglicher Interessenskonflikte hat das Amtsgericht Nürnberg sogar verschiedene vorläufige InsolvenzverwalterInnen bestellt. Konkret sind dies folgende Personen:
– PROJECT Immobilien Wohnen und Gewerbe GmbH – Az.: IN 978/23 – Dr. Elske Fehl-Weileder
– PROJECT Immobilien Management GmbH – Az.: IN 977/23 – Volker Böhm

Fünf Insolvenzen in der Project-Gruppe gibt es bisher. Die neueste Hiobsbotschaft betrifft die Investmentsparte, die eigentlich vom Immobilienbereich getrennt sein sollte.
Fünf Insolvenzen in der Project-Gruppe gibt es bisher. Die neueste Hiobsbotschaft betrifft die Investmentsparte, die eigentlich vom Immobilienbereich getrennt sein sollte.
Quelle: Homepage der Project-Gruppe und eigene Ergänzungen

PROJECT Immobilien Projektentwicklungs GmbH. In einem weiteren Fall hat das Amtsgericht Nürnberg ein vorläufiges Insolvenzverfahren eingeleitet (Az.: IN 999/23). Betroffen ist die PROJECT Immobilien Projektentwicklungs GmbH, ebenfalls eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der PROJECT Real Estate AG. Das dritte insolvente Unternehmen entstand aus den vorher regional aufgestellten Projektentwicklungsgesellschaften PROJECT Immobilien Berlin GmbH, PROJECT Immobilien Bayern GmbH, PROJECT Immobilien Rhein-Main GmbH und PROJECT Immobilien Rheinland GmbH. Sie wurden 2021 zur PROJECT Immobilien Projektentwicklungs GmbH verschmolzen, die mit ihren regionalen Niederlassungen sowie einer zentralen Leitung die Immobilienentwicklung über den gesamten Ablauf verantwortete. Konkret wurden für die Gruppe die Aufgaben der Projektleitung, des Objektcontrollings und der strategischen Projektentwicklung übernommen.
Das Eigenkapital war Ende 2021 durch einen Jahresüberschuss in Höhe von 1,7 Millionen Euro auf 2,2 Millionen Euro angewachsen. Die Bilanzsumme belief sich Ende 2021 auf 12,2 Millionen Euro.
Nach Dr. Elske Fehl-Weileder und Volker Böhm ist mit Katharina Franke eine dritte Person aus der Kanzlei Schultze & Braun als vorläufige Insolvenzverwalterin bestellt worden. Das Insolvenzgericht versucht offenbar konsequent von Beginn Interessenskonflikte zu vermeiden.

Project Real Estate AG. In einer Verlautbarung haben die vorläufigen InsolvenzverwalterInnen bereits angekündigt, dass noch ein Insolvenzantrag bei der Holding folgen werde. Als kleiner Hoffnungsschimmer wurde die Prüfung von Sanierungsoptionen in den Raum gestellt. Angesichts der Anträge auf Regelinsolvenzverfahren dürften die Aussichten allerdings nicht zu rosig sein, denn ansonsten hätte die jeweilige Geschäftsleitung eine Eigenverwaltung mit Sanierungsplan beantragt. Wie schlimm die Probleme sind und dass diese auch schon lange bekannt waren, zeigt eine bekannt gegebene Zahl: Während vor einem Jahr noch über 600 Personen bei der Project-Gruppe arbeiteten, sind es derzeit nur noch 260 Beschäftigte. Ein solcher Aderlass beim Personal dürfte auch mögliche Sanierungsgedanken erschweren, denn in Zeiten von Fachkräftemangel wären diese ein wichtiges Asset. Zumal die Struktur der Gruppe extrem komplex ist.

Investmentsparte. Die Holding der Kapitalmarktseite heißt Project Beteiligungen AG. Für das Akquirieren des Kapitals der AnlegerInnen war die 100-prozentige Tochter Project Vermittlungs GmbH zuständig. Diese Gesellschaft war mit ihren Vertriebserfolgen maßgeblich für das starke Wachstum der gesamten Gruppe in der Vergangenheit verantwortlich. Die Bedeutung wird außerdem deutlich, dass Alexander Schlichting als Vorstandsvorsitzender in beiden Holdinggesellschaften nur bei dieser Tochter in der Geschäftsführung tätig ist. Völlig unklar und ohne weitere Erklärungen nicht zu verstehen ist, warum der Fondsvertrieb nun insolvent ist. Eigentlich dürften die Probleme auf der Immobilienseite nicht so weit durchschlagen, dass hier ebenfalls der Gang zum Insolvenzgericht notwendig wurde.

Erste Hintergründe. Sehr kritisch in Zusammenhang mit den überraschenden Insolvenzanträgen war bisher die Tatsache, dass es keine plausiblen Erklärungen dafür gab und auch die Auswirkungen auf die AnlegerInnen ohne Kommentar blieben. Doch das Schweigen hat in Ansätzen nun ein Ende, denn gegenüber dem Vertrieb haben die beiden Geschäftsführer Alexander Schlichting und Christian Grall erste Erklärungsansätze abgeliefert. Danach gab es nicht einen ausschlaggebenden Anlass, sondern eine Vielzahl von Faktoren, die sich teilweise noch gegenseitig ungünstig verstärkten: „Allen voran der Angriffskrieg auf die Ukraine und die Corona-Pandemie sowie die allgemein herausfordernde Marktlage: mit gestiegenen Bau-, Energie- und Materialkosten, mit verzögerten Materiallieferungen und dadurch verzögertem und verteuertem Baufortschritt, mit einer historisch hohen Inflationsrate. Hinzu kommen die quasi explodierten Zinsen für Immobiliendarlehen, gepaart mit einer allgemeinen Kaufzurückhaltung bei Privatpersonen wie auch bei institutionellen Investoren und die dadurch ausbleibenden Einzel- und Globalverkäufe bzw. Vertriebsumsätze bei unserem Asset Manager, der PROJECT Immobilien Gruppe.“ Der vollständige Text ist für kostenlos registrierte NutzerInnen unter Investmentcheck.Community nachlesbar.

Weitere Informationen finden Sie auf https://investmentcheck.community. Diskutieren Sie mit anderen AnlegerInnen und ExpertInnen über die aktuelle Situation bei den Fonds der Project-Gruppe.

Auswirkungen auf die Fonds. Die Verunsicherung bei AnlegerInnen ist enorm, wie mehrere hundert Registrierungen im Anlegerforum innerhalb weniger Tage zeigen. Die gestellten Fragen zu einzelnen Fonds zeigen außerdem, dass großes Unwissen in Bezug auf die Struktur der Fonds herrscht. Denn die Fonds haben ihr Geld in meist zwei Zwischengesellschaften überwiesen, die dann in einzelne Projektgesellschaften investierten. Eine wirtschaftliche Betrachtung der älteren Fonds zeigt, dass die hohe Kostenstruktur sehr stark belastet. Zum Teil in Aussicht gestellte Renditen von sechs bis zehn Prozent pro Jahr wurden selbst in den guten Zeiten nicht erreicht. Der schwierige Immobilienmarkt und die nun durch die Insolvenz allgemein bekannten Probleme machen die ohnehin schleppende Vermarktung sicher nur mit entsprechenden Preisabschlägen möglich. Die schlimmsten Befürchtungen, wonach auch die Fonds selbst in die Insolvenz schlittern könnten, erscheinen hingegen unbegründet. Von manchen angeführte Sicherheitsargumente, wonach aufgrund der fehlenden Bankkredite selbst auf Ebene der Projektgesellschaften keine Insolvenzen möglich seien, sind allerdings sehr optimistisch. Denn Käufer von Wohnungen, die ihre Kaufpreise auf Basis der Makler- und Bauträgerverordnung bezahlen, werden wie eine Bank bevorzugt bedient. Mittelbar Eigenkapital gebende AnlegerInnen müssen sich in diesen Fällen hinten anstellen.

Loipfinger’s Meinung. Die ganz aktuell gelieferten Hintergründe geben nur allgemein bekannte Floskeln wieder. Diese mögen zwar richtig sein, erklären aber nicht, warum die Holdingvorstände die seit mindestens einem Jahr bekannten Probleme nicht Ernster nahmen. Über die Hälfte des Personals abzubauen ist als Lösungsansatz ziemlich dünn, denn damit entstehen zwangsläufig Qualitätsprobleme, die nicht zur dauerhaften Verbesserung der Situation beitragen. Gut informierte Kreise beziffern den Kapitalbedarf zur Sanierung und Fortführung der Immobiliensparte auf 50 Millionen Euro. Bis zum Insolvenzantrag bei der Project Vermittlungs GmbH klang das wohlwollend noch plausibel, auch wenn der Betrag in Relation zu 3,2 Milliarden Euro Projektvolumen nur geringe 1,5 Prozent ausmachte. Offenbar in viel stärkerem Maße vorhandene Verflechtungen über die beiden Gruppenteile hinweg werfen hingegen begründete Zweifel auf. Das gilt auch für die von den InsolvenzverwalterInnen bekannt gegebenen Sanierungsüberlegungen. Wer noch die Hoffnung auf eine Unternehmensfortführung hat, der opfert nicht ohne Not den Kapitalvertrieb, der ein durchaus interessantes Asset für einen potenziellen Investor sein dürfte.

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