Raus aus dem Nachrang

22/2023: Wöchentlicher Kommentar von Stefan Loipfinger

Liebe Leserinnen und Leser,
ich hoffe, Ihre Pfingsttage waren erholsam. Bei mir kam hingegen vor den Feiertagen eine rekordverdächtige Abmahnung durch die Kanzlei Prinz an. Den Auftrag dazu erteilte die Solvium Logistik Opportunitäten Nr. 4 GmbH. Mit dieser Anlagegesellschaft hat der Hamburger Containeranbieter bis Anfang dieses Jahres nachrangige Namensschuldverschreibungen emittiert. Insgesamt 20 Punkte umfasst die geforderte Unterlassungserklärung, die ich nicht abgeben werde. Langsam verliere ich den Überblick über die vielen Abmahnungen und Klagen, die mir aus dem Hause Solvium zwischenzeitlich schon zugestellt wurden. Nach fast 30 Jahren Erfahrung mit zweifelhaften Anbietern von Finanzprodukten bestätigt mir dieses Verhalten allerdings, dass meine Kritik berechtigt ist. Wer fachliche Fragen nicht beantwortet, sondern Anwälte beauftragt, der zählt für mich nicht zum seriösen Teil der Branche. Aber das ist nur meine grundgesetzlich geschützte Meinung. Über die beanstandeten Aussagen muss im Zweifel ein Gericht entscheiden, so wie es bei einem anderen von Solvium angestrengten Verfahren, zu der in dieser Woche die Klageerwiderung raus ging, das Landgericht Hamburg tun wird.

Mit einem leichten Schmunzeln habe ich diese Woche eine Meldung der BaFin gelesen. Danach ermittelt die Finanzaufsicht gegen die bislang unbekannten Betreiber der Website investcheck24.com. Laut Website sind sie in Tauberbischofsheim ansässig. Die Betreiber bieten ohne Erlaubnis die Eröffnung von Festgeldkonten bei ausländischen Banken sowie weitere Geldanlagemöglichkeiten an, beispielsweise in Anleihen und Aktien. Eigentlich erübrigt sich der Hinweis, dass dieses unseriöse Angebot nichts mit meinen Homepages Investmentcheck.de und Investmentcheck.Community zu tun hat. Aber eine gewisse zufällige Namensähnlichkeit ist gegeben.

Kanzlei Prinz schickt im Auftrag von Solvium eine Abmahnung auf 2,1 Kilogramm Papier
Kanzlei Prinz schickt im Auftrag von Solvium eine Abmahnung auf 2,1 Kilogramm Papier

Dann möchte ich noch eine sehr bedenkliche Nachricht zur 7×7 invest AG erwähnen. Schon vor ein paar Wochen habe ich über die Nichtrückzahlung einer Anleihe aus dem Unternehmensverbund berichtet (Gegenwehr bei alternativlosen Abstimmungen). Jetzt kann auch die AG eine am 30. Juni 2023 fällige Anleihe (WKN A1TNGS) nicht zurückzahlen. Zusammen mit den völlig verspätet veröffentlichten Jahresabschlüssen und sehr bedenklichen Bilanzzahlen scheint sich meine Warnung aus 2020 (Vertriebsaufbau mit Anlegergeld) zu bewahrheiten.

Spannend war diese Woche auch das von mir organisierte Online-Meeting mit Rechtsanwalt Lutz Tiedemann. Sein Steckenpferd sind Nachrangklauseln bei Crowdfundings. Seedmatch, eine Marke der OneCrowd, verlor in erster Instanz dazu ein Verfahren und muss nach diesem noch nicht rechtskräftigen Urteil die Verantwortung der ungültigen Nachrangklausel übernehmen. Tiedemann erklärte sehr schlüssig, warum er gute Erfolgsaussichten für die zweite Instanz sieht. Das finanzielle Risiko für den Schwarmfinanzierer steigt ohnehin ständig, da ganz neu die Insolvenz eines weiteren Emittenten hinzukam. Für die Gamers Academy sammelte Seedmatch Anfang 2021 knapp eine halbe Million Euro. Den AnlegerInnen rechnete die Plattform für die Ende 2020 bilanziell überschuldete Firma im Rahmen des Fundings einen Wert von fünf Millionen Euro vor. Das Anlegergeld dürfte verloren sein. Rechtsanwalt Tiedemann wird die Arbeit nicht ausgehen.

Bleiben Sie hartnäckig

Ihr
Stefan Loipfinger

P.S.: Wenn Sie mit mir über dieses Thema diskutieren wollen, dann können Sie sich gerne im Forum Investmentcheck.Community eintragen. Die Registrierung ist kostenlos und kann Ihnen weitere Erkenntnisse für Ihre Anlageentscheidungen liefern. Sofern Sie regelmäßig an Informationen von Investmentcheck interessiert sind, können Sie sich hier für den kostenlosen Newsletter anmelden. Sie erhalten dann wöchentlich eine entsprechende Mail.


Beitrag veröffentlicht

in

von