GLS-Crowd sammelte noch Geld für ein insolventes Unternehmen

23/2023: Wöchentlicher Kommentar von Stefan Loipfinger

Liebe Leserinnen und Leser,
gerade von der GLS-Bank dürfen AnlegerInnen wohl nachhaltige und geprüfte Geldanlageempfehlungen erwarten. Die GLS-Crowd hat diese Woche auf Ihrer Homepage allerdings immer noch ein Investment in die sigo GmbH empfohlen, obwohl hier bereits am 1. Juni das Amtsgericht Darmstadt ein vorläufiges Insolvenzverfahren eingeleitet hat. Wir haben im Anlegerforum Investmentcheck.Community dann darüber berichtet. Zufällig oder genau deshalb hat die Plattform kurz danach das Funding für den Anbieter von e-Lastenrad-Sharing eingestellt. Jetzt ist es als „erfolgreich finanziert“ gelistet. Wenn Sie geschädigt wurden, können Sie sich im Forum mit anderen darüber austauschen. Vermutlich hat hier die GLS-Crowd ziemlich schlampig bei Auswahl des Fundingunternehmens geprüft: „Diese werden nach den Kriterien der Anlage- und Finanzierungsgrundsätze der GLS Bank ausgewählt.“

Ein anderer Aufreger dieser Woche war der Fall SIP Grundbesitz & Anlagen AG. Ab 2004 warben Dirk Inderst und Alexander Fischer für atypisch stille Beteiligungen und Genussrechte. Damit wollten sie umfangreiche Immobilienhandels- und -bestandsinvestitionen durchführen und mittelfristig eine marktführende Position in der Wohnungsprivatisierung sowie im Teilungsinitiatorengeschäft aufbauen. Große Töne, die mit der Akquise von 21 Millionen Euro belohnt wurden. Allerdings gelang das Geschäftsmodell nicht und bereits 2012 war das Kapital der AnlegerInnen fast vollständig verloren.

GLS-Crowd sammelte noch Geld für ein insolventes Unternehmen
GLS-Crowd sammelte noch Geld für ein insolventes Unternehmen

Da aber die längst wertlosen Beträge von fast 800 verbliebenen Investoren immer noch in der Bilanz stehen, initiierte die Gesellschaft ein Restrukturierungsverfahren. Vorstand Dirk Inderst meinte, dass die Annahme vorteilhaft sei, weil im Falle einer Insolvenz Rückforderungen erhaltener Entnahmen drohen würden. Die Anfechtungskeule wird hier also dazu missbraucht, die AnlegerInnen zu einer Zustimmung zu bewegen und damit deren lästige Forderungen aus der Bilanz zu entfernen. Das StaRUG Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz hilft fleißig mit, damit nach der Ausbuchung wieder Geld verdient werden kann, von dem die AnlegerInnen aber nichts mehr sehen werden. Wie ein Wirtschaftsprüfer bescheinigte, sei bei einer gelungenen Restrukturierung die „drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin beseitigt und ihre Bestandsfähigkeit wiederhergestellt.“ Die Prognose, dass wir den StaRUG-Radierer noch häufiger im Einsatz sehen werden, dürfte nicht allzu schwierig sein.

Bleiben Sie eisern

Ihr
Stefan Loipfinger


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